Eigentlich verleiten die Forderungen von Schäuble de Maiziere ja eher zum großen Kotzen als zur Freude. Denn de Maiziere packt jetzt – ein paar Tage nach der „Freiheit statt Angst“-Demo sein Innenminister-Programm aus der Schublade: Quellen-Telekommunikationsüberwachung zur Überwachung verschlüsselter Kommunikation, Verlängerung, Entfristung und Verschärfung der rot-grünen Anti-Terrrorgesetze, Online-Durchsuchung, Bundestrojaner, Verschärfung der Terrorparagrafen und die ganze andere abgeschmackte verfassungsfeindliche Scheisse, die sein Vorgänger Schäuble schon auf den Tisch gelegt hatte.
Für jeden Menschen, dem seine Freiheitsrechte auch nur ein bisschen was wert sind, ist das eine widerwärtige Provokation: Grundrechteabbau, Einschränkung der Freiheit, mehr Überwachung.
Für alle, die im Januar noch auf die netzpolitischen Dialoge reingefallen sind oder sich irgendwie Hoffnung machen ließen, dass jetzt alles anders werde, ist dieser Tag ein Schlag ins bürgerrechtsbewegte Gesicht. Eine Lektion für die, die immer wieder der Politik vertrauen, wenn sie denn in schöne Worte und pseudopartizipative Events verpackt ist. Die PR-Strategie der Bundesregierung und des Innenministeriums ist aufgegangen: Teile der Grundrechte- und Digitalbewegung haben sich zufrieden gegeben, haben sich zurückgezogen und viele sind nicht auf die Straße gegangen, weil sie den kuscheligen Einlullungsversuchen von de Maiziere (welche PR-Agentur hat ihn eigentlich beraten? Weiß das jemand?) auf den Leim gegangen sind.
Die PR-Strategie ist aufgegangen. Aber nur teilweise. Und das Innenministerium sollte sich nicht zu früh freuen: denn jetzt ist endlich wieder ein ordentliches Feindbild da, ein Adressat für Proteste aller Art und mächtige Kampagnen. Innenminister bleibt eben Innenminister.
Und es gibt Hoffnung auf ein Wiedererstarken der Bürgerrechtsbewegung. Hoffnung auf dieses bunte schlagfertige Konglomerat verschiedenster Strömungen, Organisationen und Einzelpersonen. Hoffnung auf gute Zusammenarbeit in Heterogenität. Hoffnung auf Kreativität und widerständige, spontane Kollaboration. Hoffnung auf unseren gewachsenen Lobbyismus, kontinuierliche Bündnisarbeit und Hartnäckigkeit. Es besteht also Hoffnung, dass wir das Ruder der Freiheit doch noch rumreißen.
Ok. Projekte, bei denen der freiheitsliebende Arsch auf Grundeis geht, gibt es gerade genug. Seit heute sogar noch ein paar mehr. Das ist kein Grund zum Verzagen: denn diese Projekte sind immer auch Anknüpfungspunkte, um Menschen aufzuklären, zu sensibilisieren, zu mobilisieren, neue Bündnisse zu schmieden und Proteste wirkungsstark zu kanalisieren.
Lasst uns also diesen schlechten Tag für die Freiheitsrechte einfach als Neuanfang und Chance begreifen. Auch, wenn es gerade schwer fällt. Verdammt!
Keine Frage, es muss etwas passieren. Aber welches Ansehen Demos bei der Politik haben sieht man ja an Merkels Äußerungen: „Man könne in Europa nicht zusammenarbeiten, wenn die Politik danach ausgerichtet werde, ‚wie viele Menschen gerade auf der Straße stehen‘ „. http://www.derwesten.de/nachrichten/Stuttgart-21-Proteste-belasten-Landespolizei-id3757466.html