Es sei ein guter Zeitpunkt, den Export von Waffen-, Sicherheits- und Überwachungstechnologie an Diktaturen jetzt zu kritisieren, sagte Isabelle Werenfels von der Stiftung Wissenschaft und Politik letztens auf einer Veranstaltung zu den Revolutionen im arabischen Raum. Jetzt sei die Sensibilität für dieses Thema da, so die Libyen-Expertin der regierungsnahen Stiftung.
Wir hatten früher schon über die Lieferung von Überwachungstechnologie durch Nokia Siemens Networks an den Iran geschrieben. Als in Ägypten die Revolution auf Hochtouren lief, kam heraus, dass die Boing-Tochterfirma Narus das autoritäre Regime mit Technologie zum Abhören von Telefon- und Internetkommunikation beliefert hatte. Das Unternehmen präsentiert auf seiner Webseite stolz eine Weltkarte von Einsatzorten der Schnüffeltechnik. Als in Ägypten Aktivisten die Staatssicherheit stürmten, kam heraus, dass die britisch-deutsche Firma Gamma, dem Geheimdienst ein Programm zum Eindringen in Mailpostfächer angeboten hatte.
Während in den arabischen Ländern die Menschen auf die Straße gehen, gaben deutsche Firmen am 21. Februar in Dubai Workshops, wie man die lästigen Regimegegner noch besser überwachen und kontrollieren kann. Erich Moechel schreibt in einem lesenswerten Artikel dazu:
Wie bei IT-Konferenzen besonders im Sicherheitsbereich üblich, stand der erste Tag der „ISS-World Middle East and Africa“ ganz im Zeichen von Workshops und Tutorials. Das auf „Deep Packet Inspection“ spezialisierte Leipziger Unternehmen Ipoque etwa hielt – laut Konferenzagenda – ein dreiteiliges „Trainingsseminar“ zum Thema effiziente „Überwachung des Internetverkehrs“ ab.
Mit Deep Packet Inspection kann nicht nur jede Art der Kommunikation überwacht werden, schreibt Moechel weiter, sondern auch gezielt verschlüsselte Datenpakete blockiert werden. Während hier in Schönwetterreden von Demokratisierung geredet wird, was angesichts der auf Stabilität ausgerichteten Kooperation mit Diktatoren eh schon ein Witz ist, schulen hiesige Firmen die Überwachungsapparate in noch effizienterer Repression.
Auf der Konferenz auch vertreten waren die deutschen Firmen Trovicor und Utimaco. Letztere präsentierte ein „Update“ in Sachen Deep Packet Inspection. Die Homburger Firma ATIS Uher hingegen präsentierte ein System, mit dem Mobilfunknetze so überwacht werden können, dass Menschenansammlungen quasi in Echtzeit aufgedeckt werden. Da kann der Polizeiapparat reinschlagen, bevor der erste Demonstrant ein Megaphon gezückt hat. „Bad Guy Gathering“ nennt man das dann euphemistisch bei ATIS Uher.
Ich bin ja schwer dafür, dass wir uns die Namen dieser Firmen merken und ihnen die Hölle heiß machen. Das Konferenzprogramm der ISS World MEA ist da ein schöner Fundus, welche Firmen in diesem Markt mitspielen.
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Bild: CC-BY-ND charlesfettinger