Der Bundesgerichtshof hat gerade entschieden, dass auch bei nicht-gewerblichen Filesharern ein Auskunftsanspruch entstehe. Das Urteil ging auf ein Verfahren des allseits beliebten Säuselbarden, Verschwörungstheoretikers, Truppenunterhalter und „Du bist Deutschland“-Protagonisten Xavier Naidoo zurück.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs stellt sich ausdrücklich gegen das Urheberrechtsgesetz, in dem nur steht: Internetprovider müssen nur die Namen und Adressen von Filesharern nennen, die gewerblich das Urheberrecht verletzen.
Udo Vetter schreibt im Law Blog:
Die Frage der Gewerblichkeit war schon seit Einführung des Auskunftsanspruches gegen Provider nur ein schwaches Korrektiv. Viele Gerichte nahmen gewerbsmäßiges Handeln nämlich schon an, wenn nur ein aktuelles Musikstück oder ein neuer Film getauscht wurden. Aber immerhin mehrten sich die Urteile, die sagten, dass bei Musik und Filmen außerhalb der kommerziellen Verwertungsphase (ca. 6 Monate) nicht immer ein gewerbliches Ausmaß angenommen werden könne. Deshalb wurden zunehmend Auskunftsansprüche zurückgewiesen.
Somit stärkt das Urteil die Urheber und Rechteverwerter ein weiteres Mal, wie auch Netzpolitik feststellt:
Solange eine Urheberrechtsverletzung “offensichtlich” ist, steht damit einer Herausgabe persönlicher Daten des Inhabers einer IP-Adresse nichts mehr entgegen. Abmahnanwälte können sich freuen.
Während bei den Krumwiedes, Gornys, Regeners und Horden von Abmahnanwälten also die Korken knallen dürften, bedeutet die Entscheidung eine weitere Beschneidung von Grundrechten in Deutschland. Geschwächt wird in diesem Fall Telekommunikationsgeheimnis. Private wirtschaftliche (Partikular-)Interessen sind für den Bundesgerichtshof eben ein höheres Gut als Grund- und Bürgerrechte.
Update:
Die Digitale Gesellschaft sieht in dem Urteil gar keine Umkehrung der Haftung / Providerhaftung durch die Hintertüre. In der gerade erschienen Pressemitteilung heißt es:
Der BGH hat nun in seiner Leitsatzentscheidung jedoch die Intention der Gesetzgebung in ihr Gegenteil verkehrt: statt dass rechtsverletzende Nutzer dann mit einer Auskunft durch den Provider rechnen müssen, wenn sie in gewerblichem Ausmaß Dateien tauschen, ernennen die Richter die Internetprovider zu Rechtsverletzern, da sie “in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen” erbringen würden.
“Dieses Urteil widerspricht jeder Logik. Soll künftig die Post für per Paket beförderte Rechtsverletzungen geradestehen, weil Transport ihre Dienstleistung ist?” fragt der Vorsitzende des Digitale Gesellschaft e.V. Markus Beckedahl. “Der Gesetzgeber wollte das Ausmaß der Auskunftsansprüche beschränken. Die Richter des Bundesgerichtshofs hingegen schreiben, der Gesetzgeber wolle möglichst effektive Rechtsdurchsetzung.”, so Markus Beckedahl.