Er spielt den Bankenkritiker und lässt sich fürstlich von ebenjenen bezahlen. Er wird als großer Wahlkämpfer gesehen und hat doch bislang nur verloren. Er propagiert Rot-Grün und will eigentlich die Große Koalition. Mit Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat zeigt die SPD einmal mehr, dass es ihr um Soziales nicht geht.
Hinter vorgehaltener Hand ist aus SPD-Kreisen zu hören: Hauptgegner im Wahlkampf wird die angeschossene Linkspartei. Und während den Wählern erzählt wird, dass Rot-Grün die Wunschkoalition sei, wird hinter verschlossenen Türen schon mit der CDU für die Große Koalition verhandelt. Die jedoch wird nach aller Voraussicht nach nicht von einem Kanzler Steinbrück angeführt, sondern von der präsidialen Teflon-Merkel, die noch jede Krise unbeschadet überstanden hat.
Und wenn nun Steinbrück in einem vermeintlich linken Wahlkampf sich als Bankenbändiger präsentiert, so bleibt doch den Banken die Gewissheit, dass Steinbrück keinen Schritt gegen sie unternehmen wird:
So beschreibt die FAS im Artikel „Bankenschreck?“ seine Beziehungen zu den Banken:
Als Finanzminister und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen war er Anfang des Jahrtausends für die Landesbank WestLB verantwortlich. Und als Bundesfinanzminister in der großen Koalition von 2005 bis 2009 war er maßgeblich an der Rettung der Banken IKB und HRE beteiligt, eine Rettung auf Kosten der deutschen Steuerzahler.
Von Steinbrück ist nichts befürchten, der Mann ist durch und durch ein Neoliberaler. Die Jungle-World hat schön ein paar Kernsätze aus seinem Buch „Unterm Strich“ herausfiltriert:
In dem Buch prangert der gelernte Diplom-Volkswirt die »ausgeprägte deutsche Wohlfahrtsmentalität« an, beschwört die »Grenzen der Transfergesellschaft«, verteidigt die Agenda 2010 und spricht sich gegen eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze aus. Außerdem plädiert er für eine noch restriktivere Einwanderungs- und Migrationspolitik, die »zumindest dem direkten Zulauf in das Sozialsystem einen Riegel vorschiebt«. Scharf geißelt der rechte Sozialdemokrat den »auch und gerade« in seiner Partei verbreiteten »Sozialstaatskonservatismus«. Der bundesrepublikanische Konsens habe lange Jahre »in dem Versprechen« bestanden, »der Sozialstaat solle den sozialen Status jedes einzelnen Bürgers erhalten und ihm einen durchschnittlichen Lebensstandard garantieren«, schreibt Steinbrück. Doch das sei »heute nicht mehr finanzierbar«. Der von ihm propagierte »vorsorgende Sozialstaat« investiere hingegen »in die Angebotsqualität seiner Bürger«. Seine Effektivität lasse sich »nicht an der Größe seiner (Um-)Verteilungsmaschine und der Höhe seiner Sozialsätze messen«.
Steinbrücks Nähe zur Wirtschaft lässt sich übrigens messen: an den nur teilweise veröffentlichten Nebeneinkünften. Zwischen 600.000 und mehr als 1 Million macht der Sozialdemokrat im Jahr mit Auftritten, Aufsichtsrattätigkeiten, Buchverträgen und vielem mehr. Richtig offenlegen will er diese Einkünfte natürlich nicht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Schon jetzt hat sich Steinbrück festgelegt: Koalitionen mit Linken und Piraten sind ausgeschlossen. Es wird links geblinkt und grün geliebäugelt, ein bisschen auf den Managern und Bankern rumgehackt, ein paar deftige Worte, um der Linkspartei die Wähler abzujagen – und am Ende bleibt alles, wie es ist. Nur eben mit einer Großen Koalition.
Ich fürchte ja, dass es so oder so auf Merkel hinausläuft. Es scheint die Leute nicht zu stören, wenn man mit ihnen gegen die Wand läuft, so lange sie den Weg kennen.
Der Artikel enthält einen sachlichen Fehler: der Vizekanzlerkandidat der SPD ist sicher kein Sozialdemokrat. Letztere versuchen ja vergeblich, die SPD wieder zurück zu erobern, und haben dafür eine Arbeitsgemeinschaft gebildet:
http://www.ag-sozialdemokraten.de/
Lieber Herr Birk, wenn die Sozialdemokraten sich diesen Politiker als Spitzenkandidaten aufstellen, dann ist er der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten. Auch wenn das politisch ziemlich wenig mit Sozialdemokratie im Wortsinne zu tun hat.
Liebe Priska,
hab eben erst Deine Replik gesehen. Amüsant ;-) Die Situation hat sich ja geändert – die Grünen sind mit Göring-Eckardt bestimmt inzwischen erste Wahl als Koalitionspartner der anderen christlichen Parteien. Steinbrück hat also als Vizekanzlerkandidat nur noch schlechte Karten, egal wieviel Wirtschaftskompetenz als Aufsichtsrat von ThyssenKrupp auch immer bewiesen hat.
Kann das Leben nicht gerecht sein?
Viele Grüsse,
Dein Volker