Der Umgang von klassischen Medien mit Creative Commons und Inhalten aus dem Netz (Quelle: Internet) war ja immer schon schwierig. Bei der Publikation „Fleischatlas“, die unter CC-BY-SA erschien, sind die Missstände besonders schön zu sehen. Besonders ärgerlich sind diese Verletzungen, weil klassische Medien oftmals als Vorreiter in Sachen Urheber- und Leistungsschutzrechte auftreten:
- SZ.de und Focus.de nennen immerhin noch die Urheber richtig, verschweigen aber, dass es sich um eine Creative Commons Lizenz handelt. (Änderungen siehe Update 3)
Verstoß: Bei der Nutzung von Creative Commons Bildern muss immer die jeweilige Lizenz genannt werden - Bei Bild.de nennt man erst gar nicht den Urheber, sondern übernimmt die Infografik einfach so. Die Fotocredit-Zeile bleibt leer.
Verstoß: Weder Urheber noch Lizenz werden genannt. - Bei welt.de färbt man die Infografik einfach blau ein, ändert die Schrift und gibt die Grafik dann als eigene (und damit durch das Urheberrecht geschützte) Welt-Infografik an.
Verstoß: Unzulässige Schutzrechtsberühmung
Die Frage ist bei diesen Verletzungen ja immer: wissen das die Bildredaktionen dieser Medien nicht besser oder wollen sie keine Creative Commons Lizenzen in ihren Medien haben?
Update 17:54 Uhr:Welt.de hat die Referenzierung jetzt geändert. Ob das jetzt 100% juristisch korrekt ist, kann ich hier nicht einschätzen, aber eine unzulässige Vercopyrightisierung von CC-Inhalten ist das auf jeden Fall nicht mehr.
Dafür steigt jetzt spiegel.de ein. Hier werden die Grafiken ein kleines bisschen umgebaut, die Quelle Fleischatlas (allerdings ohne CC-Lizenz) angegeben und dann wird in die Grafik das „Spiegel Online“-Signet eingearbeitet. Auch hier geht das meiner Meinung nach in Richtung unzulässige Schutzrechtsberühmung, denn eine Share Alike Lizenz lässt sich eben nicht abschütteln…
Und bei Zeit.de wird die CC-BY-SA Lizenz auch vergessen. Beim Tagesspiegel.de lässt man den Credit gleich ganz weg.
Update 2 / 23:30 Uhr
Spiegel Online hat jetzt auch korrigiert und die CC-BY-SA Lizenz angebracht. Dafür gibt die Münchner TZ jetzt eine CC-BY-SA-Grafik aus dem Buch mit ihrem Copyright an. Die Badische Zeitung bearbeitet ein Schaubild und gibt als Copyright „CCL-Kooperationsobjekt“ an – CCL heißt vermutlich Creative Commons Lizenz.
Angesichts dieser vielen Irritationen, Fehler und Nachlässigkeiten wäre eine freundliche Infobroschüre über Creative Commons, die an Bildredaktionen versendet wird, doch ein guter Schritt. Denn letztlich ist es ja toll, wenn Creative Commons Bilder in den klassischen Medien richtig genutzt werden.
Update 3, 13.1.2012:
Bastian Brinkmann von SZ.de erklärt in den Kommentaren und auf Twitter, dass die Pressestelle der Herausgeber des Fleischatlas die Grafiken als normale Pressebilder ohne CC-Lizenz herausgegeben habe. In diesem Fall wäre der Fotocredit auf SZ.de natürlich richtig.
Tagesspiegel.de hat mittlerweile einen Fotocredit angegeben und gibt zeo2 als Urheber der Grafik an. Von zeo2 stammt jedoch nur das Zahlenmaterial.
….
Anmerkung: Uns liegen Screenshots der Seiten vor, die wir wegen des Urheberrechts nicht hier zeigen können. Originalgrafik: CC-BY-SA Böll-Stiftung, BUND, Le Monde diplomatique. Wir gehen davon aus, dass das von der „Welt“ behauptete Urheberrecht an der blau eingefärbten Infografik nichtig ist und es sich hier um eine Bearbeitung der Originalgrafik handelt. Gleiches gilt für die Umsetzung der Spiegel-Grafik.
Wer im Jahr 2013 in einer Onlineredaktion für die Bilder zuständig ist und immer noch nicht weiß, wie CC-Lizenzen funktionieren, der arbeitet definitiv im falschen Job.
Für alle die noch Nachhilfe benötigen empfehle ich: http://de.creativecommons.org/was-ist-cc/
Damit ist man ab sofort „im Bilde“ :)
Ich weiß nicht ob der Autor wirklich besser ist als die hier angeprangerten Zeitungen, denn man kann einzelne Punkte der Creative Commons auch aufheben und dann wären die hier angeprangerten Punkte vielleicht gar keine Verletzungen der CC.
Haben sie bei den Urhebern nachgefragt ob die Zeitungen eine Aufhebung der SA-Klausel vereinbart haben?
Dieses Schmarotzertum ist ja schon länger bekannt. Besonders auffällig bei der Selbstbedienung sind gerade die, die am lautesten das Leistungsschutzrecht fordern. Man sieht das besonders gut, wenn wieder ein YouTube Hit zum Viral geworden ist. Dann rippen BILD, Stern, Spiegel Online, etc. das Video aus dem Kanal, machen ein wenig pseudojournalistisches Blah blah davor, zeigen aber das ganze Video. Natürlich nennen Sie nicht den Urheber, wie in den Richtlinien der YouTube Lizenz es aber gefordert wird.
Im Hamburger Abendblatt gedruckte Ausgabe vom 11.01.2013 ist die Grafik ebenfalls enthalten.
Bildvermerk: „Grafik/Foto: Fleischatlas 2013/picture-alliance“
Ich arbeite für SZ.de und hatte die Macher des Fleischatlases vorab gefragt, ob wir die Bilder zeigen können. Wir nutzen sie also gar nicht unter CC-Lizenz, aber mit Einverständnis. Bitte korrigieren. Wer einfach kurz bei @SZ nachfragt, dem hätte ich das gerne früher erklärt.
ich liebe ja die quellenangaben der öffentlich-rechtlichen: „Quelle: Internet“
Auch CC-Werke sind „urheberrechtlich geschützt“, nämlich bereits durch Gesetz für den ursprünglichen Autor. Die Verbreitungsrechte sind durch die CC-Lizenz geklärt. Was die „Qualitätsmedien“ hier für sich verändern, indem sie scheinbar eigene Werke daraus machen, sind also vor allem die Verbreitungsrechte. Sie meinen, sie hätten dann das alleinige Recht, die (teils veränderte) Grafik zu verbreiten. Urheber sind sie nicht, also können sie auch keine Urheberrechte daran geltend machen.