Volumentarife und Netzneutralität – einfach erklärt

Das Internet ist eine dezentrale Struktur, bei der Bits  (11100010110) durch die Gegend geschoben werden. Für die Kommunikation bekommt jedes Datenpaket eine Absender-IP-Adresse und eine Empfänger-IP-Adresse draufgeschrieben. Denn wenn du von deinem Rechner auf Spiegel.de gehen willst, müssen ja die Datenpakete wissen, wo sie hin und wieder zurück müssen. Datenpakete sehen, vereinfacht gesagt, unterschiedlich aus: Skype sieht anders aus als E-Mail, Webseite-Pakete anders als die vom Fileharing-Datentausch, usw. Bislang waren die Datenpakete vollkommen gleichberechtigt – und das ist auch gut so.

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Jetzt kommen die Telekoms dieser Welt ins Spiel. Sie sind als Provider der Zugang von deinem Rechner zum großen weiten Internet. Und leiten bislang (außer im Mobilfunk) alle Datenpakete gleichermaßen und gleichberechtigt durch. Was die Telekoms jetzt machen wollen: sie wollen mehr Geld verdienen. Und zwar nicht nur wie bislang beim Endkunden, der DSL kauft, sondern auch von den Youtubes und Facebooks dieser Welt.

Deswegen fangen sie an, einerseits die Volumen zu drosseln. Damit können sie die Endkunden besser auspressen, indem man auf einmal mehr zahlen muss, wenn man das von der Telekom sehr niedrig angesetzte Volumen verbraucht.

Auf der anderen Seite macht das Drosseln Firmen wie Youtube oder Spotify Angst, denn sie sind darauf angewiesen, dass Daten fließen können. In der Regel wird nach Verbrauch des Volumens die Geschwindigkeit auf 1% der Ursprungs-DSL-Geschwindigkeit runtergedrosselt, mit so einem gedrosselten Lahm-Arsch-DSL kann man heute nix mehr im Internet machen. es ist funktional kaputt.

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Wer den ganzen Tag mit Spotify Musik hört, der wird schnell an sein Volumenlimit geraten. Genauso trifft es diejenigen, die gerne Filme in guter Qualität anschauen, Daten tauschen oder jeden anderen, der zum Beispiel im Home Office arbeitet oder Dropbox nutzt. Unbegrenzter Zugang zum Netz ist heute eine Art Grundrecht und Lebensnotwendigkeit. Die Volumentarife der Telekom sind Einfallstor, um die Netzneutralität auszuhebeln.

Die Telekom geht nämlich jetzt zu Spotify hin und sagt: “Wenn ihr uns Geld zahlt oder irgendwelche Verträge mit uns macht, dann nehmen wir Eure Datenpakete aus dem Volumenverbrauch des Endkunden raus”. Gleichzeitig verkauft die Telekom dann ihren gedrosselten Kunden eine nette Spotify-All-you-can-Stream-Option, mit der man unbegrenzt Musik streamen kann, ohne dass es sich im Volumen des “Datenverbrauchs” niederschlägt.

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Sobald die Netzneutralität aufgehebelt ist, wird nötig zu erkennen, was denn im Datenpaket drin ist. Dafür wird dann eine Technik namens Deep Packet Inspection (Datenpaketkontrolle) (PDF) eingesetzt. Eine üble Technologie, die auch China, Iran und andere autoritäre Staaten benutzen.

Was mit Spotify und Datenvolumen beginnt, wird dann fortgesetzt. Die Telekom fängt an Datenpakete von Youtube zu diskriminieren, bis Youtube auch Kohle an die Telekom zahlt. Dasselbe passiert mit allen möglichen Diensten: Gewinner ist dabei immer nur die Telekom. Für alle anderen wirkt sich fehlende Netzneutralität scheisse aus: ob nun im Geldbeutel oder beim “Surferlebnis”.

Für alle Datenpakete und Protokolle, hinter denen keine Firma steht, die der erpresserischen Telekom Geld bezahlen kann, sieht es dann schlecht aus. Sie werden langsamer und nachrangiger von der Telekom behandelt.

Das heißt: nicht nur Filesharing wird eine Qual, sondern auch private Mailserver. Webseiten, die keine Kohle abdrücken oder eben eine private Cloud, die dann ewig braucht und nebenbei die viel zu niedrig angesetzten Volumen vollmacht. Internet wird scheisse ohne Netzneutralität. Internet wird scheisse mit Volumentarifen.

Letztlich ist die Auflösung der Netzneutralität die endgültige Kapitalisierung des Internets, in dem dann Provider mittels Verträgen mit Diensten entscheiden, was ruckelfrei zu sehen ist, und was ein Krampf wird. Das zerstört dann wiederum die dezentrale Struktur und macht Internet zu einer Art Fernsehen, indem die Telekom eine Gatekeeper-Rolle einnimmt und darüber mitbestimmt, welche Art von Inhalten in die Wohn- und Arbeitszimmer fließt. Es ist neben Überwachung und Zensur, die größte Bedrohung für das Netz überhaupt.

Die einzige Chance, Netzneutralität zu erhalten, ist ein Gesetz, dass Netzneutralität festschreibt. Dafür sollten wir gemeinsam kämpfen, egal ob wir Spotify haben oder nicht. Der erste Schritt zur Verteidigung der Netzneutralität, ist die Abwehr der Volumentarife und der Drosselung. Macht der Telekom Dampf!

Schön visualisiert und einfach erklärt findet ihr das Thema hier:


http://echtesnetz.de/guide/
Andre Meister: Was ist Netzneutralität?

6 Kommentare

  1. Mir erscheint dieser Artikel etwas unreflektiert das Ende des „freien Internets“ ohne Netzneutralität einläuten zu wollen. Dabei wird suggeriert, dass das Internet durch die scheinbar bald zwingend notwendige „deep packet inspection“ gleich totalitäre Züge annehmen wird. Insbesondere das erschließt sich mir überhaupt nicht: Wenn die Deutsche Telekom einen Vertrag mit einem Dienstanbieter wie z.B. Spotify abschließt, dann lassen sich Datenpakete dieses Dienstes doch einfach identifizieren, indem man sie den Servern dieses Unternehmens zuordnet. Eine inhaltliche Untersuchung der Pakete ist somit nicht erforderlich. Warum hier „deep packet inspection“ notwendig sein soll, würde ich gerne nochmals genauer erklärt bekommen.

    Ökonomische Erwägungen bleiben darüber hinaus ganz außen vor; vgl. hierzu z.B.

    http://www.m-blog.info/2013/04/die-telekom-begrenzt-die-datenvolumen-dont-panic/ (Ralf Dewenter)

    http://edgeworthblogs.wordpress.com/2013/04/27/marktversagen-beim-breitbandausbau/ (Justus Haucap)

  2. Frank Black says:

    Ich drossele ja schon längere Zeit Leute wie den Kommentator Rainer G aus meinem Leben.

    Und wenn sie uns noch so sehr aufs Korn nehmen, es gibt immer noch welche die das toll finden.

  3. nk says:

    Scheiße schreibt man mit ß. Wollt Ihr die Dinge beim Namen nennen, tut es doch bitte richtig.

  4. „Deswegen fangen sie an, einerseits die Volumen zu drosseln. Damit können sie die Endkunden besser auspressen, indem man auf einmal mehr zahlen muss, wenn man das von der Telekom sehr niedrig angesetzte Volumen verbraucht.“

    Wenn man über einen Provider ins IN möchte, muss man für die entstehenden Kosten bezahlen. Wenn die Kosten höher sind, weil das tatsächliche Volumen höher ist, das ein individueller user nutzen will, als das, was ein anderer user nutzen will, mit einem kleineren Volumen, dann ist das eine reine Kostenfrage für jeden individuellen user und hat nichts zu tun mit einem begrenzten Zugang zum IN, denn der Zugang zum IN ist nie kostenlos.und das Grundrecht auf Zugang ist nicht prinzipiell begrenzt. Auch für jede Zeitung und jeden Kinobesuch muss man bezahlen. Man muss für alles bezahlen, das man nutzt. Nichts ist umsonst. Wenn man das nicht einsieht, hat man nicht das Prinzip der Wirtschaft verstanden.

    V.

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