Im Rahmen der Twitter-PR-Aktion #askcostolo, bei der man CEO Dick Costolo Fragen stellen konnte, beherrschte das Thema „Harassment“ (Belästigung) und Twitters Umgang damit den Hashtag. In Deutschland hatte das Thema schon am 15. Juli die Runde gemacht als @FrDingens ihren Twitter-Account deaktivierte, weil Twitter mehrfach nicht auf sogenannte Abuse Reports reagierte, mit denen sie einen Stalker loswerden wollte.
Zwei interessante englischsprachige Artikel beschäftigen sich nun mit dem Thema. So wirft Ben Kuchera Twitter vor, dass es gar kein Interesse daran habe, den (oft antifeministischen) Stalkern/Belästigern/Pöblern das Leben schwer zu machen:
Sending and receiving tweets isn’t the product being offered by Twitter, of course. The product being created and sold are the eyes that look at those tweets. The more engaged you are with the service, the more you’re likely to see ads, sponsored tweets and the other ways Twitter makes money or sells itself. Engagement is power. The longer you stay, the more you read, the more you tweet? The better for Twitter.
Which is why the company gives so little attention to the now-routine harassment experienced by so many members of the service: It drives engagement. Harassersorganize their efforts on forums, they set up new accounts that haven’t been blocked in order to attack their target, and they move in groups.
Der zweite Artikel von Danilo Campos macht einfache, aber sehr einleuchtende Vorschläge, wie Twitter das Problem lösen könnte. Dabei wird nicht der Dienst selbst eingeschränkt, sondern den Usern passende Werkzeuge in die Hand gegeben, mit denen sie Stalker, Rassisten, Belästiger, etc. loswerden können. Zudem eignen sich diese Werkzeuge auch, um bei z.B. bei Demonstrationen gegen Nazis die ganzen Hashtagtrittbrettfahrer, die Fehlinformationen und Hass streuen, auszublenden.
Diese frei wählbaren Werkzeuge/Funktionalitäten sind:
- Blockiere alle Accounts, die jünger als 30 Tage alt sind
Damit wird den Belästigern, die sich schnell einen neuen Account machen, wenn der alte von der betroffenen Person geblockt ist, ein Stock in die Speichen gehalten. - Blockiere alle User, die von weniger als X Accounts gefollowed werden
Hier können die User einfach einstellen: Ich blockiere alle Accounts, die unter 30 Follower haben. Ein Charakteristikum der Harassment-Accounts ist nämlich, dass ihnen kaum jemand folgt. Wer viele Follower hat, genießt in der Regel eine höhere Glaubwürdigkeit. Das ist quasi die Twitter-Version des Google-Prinzips mit den Backlinks. - Blockiere neue Twitter-Accounts, deren @replies bestimmte Worte beinhalten
Dabei kann der User einstellen, welche Worte zum blockieren führen. Ein brandneuer Account nutzt das Wort „Feminazi“ – zack, geblockt. - Blockiere Accounts, die von einer gewissen Anzahl von Leuten, denen ich folge, geblockt wurden
Hier kommt Arbeitsteilung ins Spiel. Wenn zehn Leute, denen ich folge, jemanden so schlimm finden, dass sie ihn blocken, dann wird da evt. etwas dran sein.
Das sind eine recht einfache Methode mit der Beleidigung, Belästigung, Rassismus, Sexismus und Homophobie auf Twitter angegangen werden können, ohne dass Twitter eine Riesenabteilung anstellen muss, die darüber entscheidet, was nun Sexismus ist oder nicht. Und vor allem funktioniert sie ohne Zensurmechanismen von „oben“, die dann wieder Begehrlichkeiten bei Regierungen & Co. wecken könnten.
(via)
Dieser Ratschlag ist auch problematisch, da er Hierarchien und Twitter-Eliten begünstigt. Die Anzahl der Follower ist auch kein gutes Kriterium für den Inhalt.
Ja, da ist natürlich etwas dran, da so zum Beispiel reine Newsfeed-Accounts (Leute, die nur folgen aber nicht selbst twittern) weggeblockt werden.
„(…) den (oft antifeministischen) (…)“
Na, die sind aber auch sehr of sehr feministisch. Und da sie sich auf der richtigen, einzig guten und wahren Seite wähnen, fallen da auch gerne mal alle zivilisatorischen Errungenschaften. So einseitig ist das nicht und eine so eine einseitige Betrachtungsweise bringt das Ganze auch nicht weiter.