Ein Gastbeitrag von Sebastian Dörfler
„Der Spiegel“, hat eine Titelgeschichte über Tsipras/Griechenland gemacht. Ich habe ja nicht viel erwartet, hat doch vor allem Nikolaus Blome schon mehrfach versucht, jeden Zweifel am Sparkurs auf SpOn weg-zukommentieren, wenn nur irgendwo in Europa ein Zucken zu vernehmen war.
Vorne ist „Der Geisterfahrer“ Tsipras drauf, es folgt ein Leitartikel von Dirk Kurbjuweit, der „Mit den Griechen leben“ überschrieben ist. Es ginge jetzt darum, Nachsicht mit dem Griechen zu üben, das sei angemessen, den Deutschen sei ja auch „so viel verziehen worden in ihrer Geschichte“ (war da nicht eben erst wieder so ein Gedenktag?).
Jetzt ginge es um Kompromisse, wie vor 200 Jahren beim Wiener Kongress (!), wo es den „europäischen Herrschern gelang, ihre Interessen auszugleichen und eine halbwegs stabile Lage zu schaffen“. Man ist fast froh, dass der Text zu Ende ist, ehe Kurbjuweit dem historischen Vorbild gemäß eine gemeinsame Armee zur Niederschlagung künftiger Aufstände (Spanien?) fordert.
Ich blättere weiter. Die Titelgeschichte ist mit „Der Wutgrieche“ überschrieben, Tsipras heißt in der Bildunterschrift nur noch „Populist Tsipras“. Der Text geht atmosphärisch los, wie Tsipras mit antideutschem Ressentiment die Wahlen gewonnen habe (obwohl er bei jeder Wahlkampfrede immer betont hat, es gehe nicht gegen die Deutschen, es gehe gegen den Sparkurs der dt. Regierung). Tsipras ist den ganzen Artikel durch der böse Nationalist, der nun das europäische Projekt gefährde – „Vorreiter einer neuen Generation europäischer Populisten“, „das Ergebnis einer Realitätsverweigerung, wie sie so wohl nur in Griechenland möglich ist“, usw.
Nun hat ja gerade Georg Diez eine Kolumne geschrieben, in der er den deutschen Medien in der Griechenland-Berichterstattung einen hohen Grad Realitätsverlust attestiert hat. Aber offenbar ist das auch eine Sache der Meinungsfreiheit, hier eine Sache zu kritisieren, die dann dort im Heft komprimiert umgesetzt wird – deutscher Großmachtdünkel vom Schlag eines Rolf-Dieter Krause Kommentars in den „Tagesthemen“.
Ich bin kein Tsipras-Groupie. Aber in Zeiten, in denen Menschen wieder vermehrt nach Sündenböcken suchen, in denen Leute wieder das Volk anrufen und ein besseres Leben fordern, ganz einfach weil sie Deutsche sind, wer in solchen Zeiten Politik nicht als Konflikt von Interessen darstellt und das Elend in Griechenland ernst nimmt – sondern genau jene Stimmungsmache und Zugehörigkeit zu Kollektiven bedient („Die Frage ist nun, ob Tsipras überhaupt dazugehören will“) – was hat das noch mit Journalismus (für mich immer auch „Aufklärung“) zu tun?
Martin Schulz, so der Angst-Schluss des Textes, erlebte bei seinem Besuch „auch einen Regierungschef, der sich als Speerspitze einer Bewegung gegen Merkels Sparpolitik sieht: „Das wird sich über den ganzen Kontinent ausbreiten“, sagt er.“
Hoffen wir, dass das Sturmgeschütz der Restauration etwas dagegen tun kann.
Der Autor hat zuletzt eine Reportage über Griechenland geschrieben und ist Autor eines BR-Radiofeatures über Austerität.
Danke. Ich sehe das genauso. Die Frage die mich wirklich interessiert ist wer zum Teufel den Spiegel liest. Der Spiegel ist BILD für Leute die meinen zu schlau für die BILD zu sein.
Ey beim Friseur liegt außer „Bild der Frau“ und „Brigitte“ manchmal nur noch der „Spiegel“.
Wenn ich den Blome schon das Maul aufmachen sehe zum Thema Griechenland….
Kein Wort über die Selbstmordrate,kein Wort über russische Oligarchen die das Land billig kaufen können z.B. um positive Stimmung für die Ukraine-Inititiative des Herrn Putin zumachen usw
Der Spiegel und seine Mitarbeiter standen mal für kritisches Bewusstmachen von Missständen,harharhar!
Spiegel ist Bild auf eben so trashigem Level nur mit etwas mehr manipulativem Text. Wer garantiert tendenziös falsch informiert werden will, der lese Spiegel. ;-)
Der Spiegel ist tot. Was jetzt als Spiegel dahergeschlichen kommt, ist nicht der Spiegel, sondern ein von Faulgasen aufgeblähter Kadaver eines Zombies, der eine Kreuzung von n24 und Fockus (ja, so muss man den schreiben) ist. Neoliberalreaktionär mit marktfaschistischen Tendenzen.
Und viel zu oft krabbelt auch noch eine Made aus irgendeinem Loch des verwesenden Etwas, eine Spur aus brechreizerregendem Schleim von Lügen und Manipulation hinter sich herziehend.