Endlich noch mehr Überwachung am Arbeitsplatz. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 12. Januar diesen Jahres entschieden, dass das Mitlesen, Protokollieren sowie die Auswertung von privaten Chatnachrichten durch den Arbeitgeber am Arbeitsplatz zulässig ist. Das berichtete die BBC.
Geklagt hatte eine rumänischer Arbeitnehmer, dem 2007 gekündigt worden war, weil er via Yahoo Messenger sowohl einen dienstlichen wie auch einen privaten Account auf dem Arbeitsrechner betrieben hatte.
Als Kündigungsgrund wurden dem Betroffenen 45 Seiten von Chat-Transkriptionen mit dessen Verlobten vorgelegt, was der Rumäne als Verletzung seiner Privatsphäre ansah und dagegen klagte. Die europäische Menschenrechts-Instanz gab ihm allerdings nicht recht.
Am Arbeitsplatz ist aber noch anderes möglich. Mitarbeiter der britischen Zeitung Daily Telegraph bemerkten unter ihrem Schreibtisch einen Sensor der Firma OccupEye.
Über eine WLAN-Verbindung sendet das Gerät Signale an einen Netzwerk-Empfänger, der die gesammelten Daten bündelt. Im späteren Verlauf kann die Datenbank für Analysen genutzt werden [..]
Nach Protesten der Mitarbeiter:innen wurden die Geräte wieder abgebaut. Begründet wurde die Installation der Sensoren, die auf Bewegung und Wärme reagieren, mit „Wir wollten doch nur die Energieeffizienz in unseren Büros verbessern“. Dass es sich hier um eine Bewerbung für den „Lame Excuse Award 2016“ handelt, wird bei einem Blick auf die OccupEye-Webseite deutlich: Dort gibt es keinen Hinweis auf einen Einsatz für Energieeffizienz…
(via)
Der Europäische Gerichtshof hat nicht gesagt, dass das Auswerten privater Nachrichten am Arbeitsplatz zulässig ist. In diesem Fall ging es um einen Firmen.Messenger-Account. Die Nutzung dieses Accounts für private Zwecke war ausdrücklich verboten. Die *berufliche* Kommunikation des Arbeitnehmers darf in diesem Fall vom Arbeitgeber eingesehen werden. Wenn der Account für private Zwecke genutzt wird, ist dies erstens nicht erlaubt (und rechtfertigt daher zu Recht eine Kündigung) und untersteht daher zweitens auch natürlich nicht dem Persönlichkeitsschutz.
Anders ist dies, wenn die private Nutzung grundsätzlich, und sei es auch nur in gerngem Maße erlaubt wurde. Hier ist das Einsehen der Kommunikation nach wie vor nur in sehr begrenztem Maße möglich. Nämlich genau dann, wenn der/die Mitarbeiter/in z.B. aus Krankheitsgründen oder nach fristloser Kündigung o.Ä. langfristig nicht am Arbeitsplatz erscheinen kann und das Einsehen betrieblich dringend notwendig ist. Auch dann muss der Betriebsrat und der/die Datenschutzbeauftragte vorher das Einverständnis geben. Eventuelle private Nachrichten dürfen auch dann nicht eingesehen werden. Dies überwacht in der Regel der Betriebsrat oder die Datenschutzbeauftragten.
Das Urteil wird in diesem Fall also zu Unrecht als Aufreger mißbraucht.