Früher saß man zuhause und hat sich aufgeregt – hier sind ein paar gute Gründe am Samstag auf die Demo zu gehen

Es lohnt sich immer noch, am Samstag zur Demo „Freiheit statt Angst“ zu gehen.

Hier sind ein paar verdammt gute Gründe:

ELENA
Die zentrale Arbeitnehmerdatenbank speichert alles. Deine Fehlzeiten, Abmahnungen – und irgendwann auch Streiks. Scheisse kann sich eben auch hinter schönen Frauennamen verstecken. Mehr dazu in diesem Artikel.

3-Strikes: Die Digitale Todesstrafe
Der feuchte Traum der Contentmafia. Wer zu oft beim Downloaden von Copyright geschützten Material erwischt wird, dem wird das Internet abgeklemmt. Frankreich hat diesen Quatsch schon eingeführt. Zur Überwachung der 3-Strikes-Maßnahmen sind weitere Überwachungstools und Spyware auf den Computern der „Delinquenten“ notwendig. Weil 3-Strikes in Deutschland gerade nicht durchsetzbar ist, fordern Gorny und Konsorten hierzulande nur 2-Strikes. Das 3-Strikes-Modell wird dann ein bisschen später eingeführt. Freiheitsrechte sollen hier für Konzernprofite geopfert werden.

Einschränkungen des Demonstrationrechtes
Die Polizei filmt oft anlasslos auf Demonstrationen. Das darf sie nicht, will sie aber. Deswegen will der Berliner Innensenator Körting im Zweifelsfall das Gesetz anpassen. Auch einen schicken Ansatz fährt die niedersächsische Landesregierung: sie will zum Schutz der Polizisten Schallobergrenzen auf Demos einführen, damit die Polizisten nicht unter lauten Geräuschen leiden müssen. Demonstrieren ist erlaubt, aber bitte leise. Geht´s eigentlich noch? In Baden-Württemberg wurde das Demonstrationsrecht schon eingeschränkt. Weitere Länder folgen, wenn wir nichts tun…

Leistungsschutzrecht
Mit dem im Koalitionsvertrag vermerkten Leistungsschutzrecht wollen Verlage für Inhalte, Überschriften und so genannte Snippets eine Sondergebühr einziehen. Ein wie auch immer geartetes Leistungsschutzrecht wird den freien Fluss der Informationen erschweren, bringt Hürden beim Zitieren und erfordert riesige bürokratische Maßnahmen. Und das alles nur, damit Verlage mehr Profite machen?
Einen guten Artikel zum Thema gibt es in der NZZ.

SWIFT-Abkommen: Weitergabe von Bankdaten
Mit dem neuen SWIFT-Abkommen werden internationale Banktransfers direkt an die USA weitergeleitet. Abgesehen davon, dass es niemanden einen Scheissdreck angeht, dass ich gerade eine Kiste Wein aus dem Burgund bestellt habe, ist vollkommen unklar, welche Datenschutzregeln in den USA für die gesammelten Bankdaten gelten. Bei Netzpolitik gibt es eine Zusammenfassung über die Bürgerrechtsfallen im SWIFT-Abkommen.

INDECT
Hinter dem Akronym verbirgt sich „Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment“. Das ganze ist ein EU-Projekt in der Forschungsphase und soll später alle Überwachungstechnologien bündeln. Die Zeit bezeichnete das Projekt als den „Traum der EU vom Polizeistaat“. Das Projekt, bei dem auch die Bergische Universität Wuppertal mitwirkt, soll schon präventiv „abnormales Verhalten“ mittels Bevölkerungsscan ermitteln. Das Ende von Unschuldsvermutung und gerichtsfesten Beweisen.

Vorratsdatenspeicherung
Würde man die Vorratsdatenspeicherung ins nicht-virtuelle Leben übertragen, bedeutet sie folgendes: du musst deinen Pass beim Kiosk abgeben, wenn Du dir eine Zeitung kaufst. Dein Kioskmann schreibt deine Personnummer auf. Man weiß ja nie, wozu es gut ist. Mit der Vorratsdatenspeicherung werden alle Bewegungen und Mail-Kontakte im Netz und die Telefonverbindungen präventiv und anlasslos gespeichert. Du bist verdächtig, auch wenn Du gar nichts gemacht hast. Weil das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenpeicherung in der bisherigen Form gestoppt hat, wird die Regierung demnächst ein modifiziertes Modell vorlegen. Die Vorratsdatenspeicherung ist aber in jeder Form abzulehnen.

Netzsperren: die Einführung einer Zensurinfrastruktur
Das große mit Lügen untermauerte Projekt von Zensursula von der Leyen wurde von der schwarz-gelben Regierung für ein Jahr auf Eis gelegt. Anstatt das Gesetz endlich zu stoppen, hat die Pseudo-Bürgerrechtspartei FDP hier eine tickende Zeitbombe reinverhandelt. Weil es von uns allen zuviel Protest gab, wird jetzt mit schleichender Salamitaktik immer noch versucht, dieses Projekt, das eine Zensurinfrastruktur installieren wird, durchzusetzen. Und es geht nicht nur um Kinderpornografie, das sagen Lobbyisten wie BKA-Chef Zierke ganz unverhohlen. Ist die Struktur mal da, wird sie ausgeweitet. In der EU gibt es auch Bestrebungen ein solches Gesetz („Censilia“) durchzudrücken. Und wir kennen den Trick der Politiker: „Das kommt von der EU, das müssen wir umsetzen.“

Netzneutralität
Die großen Telekommunikationskonzerne wollen zusätzliche Knete machen. Deswegen fordern sie, dass Daten im Internet unterschiedlich behandelt werden. Wenn Google gut zahlt, wird Youtube im Fluss der Daten besser behandelt. Für Filesharing sähe das dann ziemlich mau aus, weil da keine Kohle zu holen ist. Dass gerade die „Netzneutralität das Internet groß gemacht hat“ ist den Konzernen egal. Mit einer Aufhebung der Chancengleichheit für Daten, wird das Netz entdemokratisiert. Die Bundesregierung will die Netzneutralität nicht per Gesetz festschreiben, denn „der Markt wird das schon regeln“ – wie das dann geht, kennen wir ja.

Datenstriptease für HartzIV-Empfänger
Wer Transferleistungen des Staates beantragt, verliert seine Privatsphäre. Ob Suchterkrankungen oder Krankheiten – alles landet im Computer vom Amt. Und wenn es dumm läuft, stehen die Hartz-Prüfer morgens vor der Türe und checken, ob man mit den 340 Euro nicht irgendwas Verbotenes anstellt. Ein übles System der Kontrolle, das von der digitalen Bürgerrechtsbwegung noch nicht ausreichend beleuchtet wurde.

Onlinedurchsuchung
Diese Maßnahme bei der auch der „Bundestrojaner“ eingesetzt wird, ist mittlerweile Gesetz in Deutschland. Dabei erhalten die jeweiligen Behörden entfernt Zugriff auf Rechner und können diese durchsuchen. Doch nicht nur durchsuchen ist möglich, sondern auch das Aufspielen von Daten auf die Rechner. Und so kann schnell mal strefrechtlich relevantes Material aufgespielt werden. Gerade beim Einsatz durch Geheimdienste.

Aufhebung des Trennungsgebotes von Geheimdiensten und Polizei
Innenminister stehen da einfach drauf: Geheimdienste und Polizeien zu vernetzen, Datenaustausch zu erlauben, gemeinsam nutzbare Datenbanken schaffen, personeller Austausch und vieles mehr. Im Grundgesetz der Bundesrepublik ist die Trennung von Geheimdiensten und Polizeien festgeschrieben. Das hat historische Gründe: Im Dritten Reich war der gesamte Sicherheitsapparat im Reichssicherheitshauptamt gebündelt. Ein tolles Tool um Menschen zu kontrollieren und zu verfolgen. Ein Staat im Staat. Auch unser „Innenminister mit der ausgestreckten Hand“ de Maiziere will das Trennungsgebot Schritt für Schritt aushöhlen.

Polizeigewalt und die Kennzeichnungspflicht für Cops
Die Polizei hat in Deutschland ein „Gewaltmonopol“ – das bringt bestimmte Pflichten mit sich und muss transparent und unabhängig kontrolliert werden. Weil die Polizei jedoch sich selbst kontrolliert, werden Schläger und Gewalttäter in Uniform nur sehr selten für ihre Ausschreitungen und Übergriffe belangt. Corpsgeist und Uniform schützen vor Strafverfolgung. Ein hilreiches Mittel ist die individuelle Kennzeichnung der Polizeibeamten mit Nummern. So können Straftaten von Polizeischlägern besser verfolgt werden – auch wenn mal keine HD-Kamera mitfilmt. Eine gute Kampagne gegen Polizeigewalt macht gerade Amnesty Deutschland.

Die Idiotenfront der Polizeihardliner
Es vergeht kaum ein Tag an dem nicht eine dämliche Verschärfung gefordert wird. Ob Reset-Knopf fürs Internet oder Internet nur mit Ausweis, Strafen bei versuchter Gewalt gegen Polizisten und ähnlichen Sondertrafrechten, die Straftaten gegen Polizisten (Verschärfung des Widerstandsparagrafen) härter bestrafen sollen als gegen „Normalmenschen“. Hier ist eine gehörige Portion üble Propaganda dabei, wie diese Studie zeigt.

Der e-Perso
Neben den biometrischen Daten seiner Besitzer, enthält der e-Perso auch einen unsicheren Funkchip. Und wenn der ePerso mal da ist, dann kann er ja auch gleich zum Einloggen ins Internet benutzt werden. Ihr werdet sehen…

Nacktscanner
Privatsphäre war an Flughäfen noch nie so eine große Sache. Dass man jetzt nackig gemacht wird schon. Und weil Nacktscanner ein bisschen eklig klingt, nennt das Innenminsterium und mit ihnen die ganze Mainstreammedien-Mischpoke das Ding jetzt „Körperscanner“.

Volkszählung 2011
Weil Fragebögen an die Bürger nicht so toll ankommen, stützt sich die neue Volkszählung auf die Zusammenführung von Daten. Dennoch werden ein Viertel bis ein Drittel aller Menschen zu Befragungen gezwungen und müssen im Zweifelsfall auch Erkundigungen im familiären und nachbarschaftlichen Umfeld erdulden. Der Zensus ist nicht anonym, sondern personenbezogen. Die Daten werden an einer Ordnungsnummer zusammengeführt u.v.m. Viele Infos dazu unter zensus11.de

Es gibt noch mehr Gründe
Und weil mir beim Schreiben auffällt, dass es sovieles gibt, wogegen man demonstrieren könnte, bitte ich Euch, einfach die Kommentare zu nutzen um weitere Gründe zu nennen, die ich hier vergessen habe.

Die Überschrift stammt übrigens von einem Richard, der beim Chaosradio letztens anrief….

2 Kommentare

  1. der Lars says:

    Viele tolle Gründe, aber der Chip im neuen Perso ist nicht unsicher. Oder habe ich den Artikel nicht richtig gelesen?!?! Wäre er unsicher, hätte der CCC sicher selbst etwas gesagt, aber soweit ich weiss, ist Constanze auch nicht wirklich glücklich über diesen Bericht.

  2. Slash says:

    Du hast ACTA vergessen.

    Ein internationales, unter Ausschluss der Öffentlichkeit entwickeltes Handelsabkommen, zur effektiveren Durchsetzung von „Geistigem Eigentum“. Die Bestrebungen dieses Abkommens laufen dem Rechtsgedanken unseres Urheberrechts stark zuwider, nach dem ein geistiges Werk „seinem Wesen nach Mitteilungsgut“ ist. Ein Geisteswerk soll gerade – jedenfalls von dem Augenblick an, in dem der Urheber es veröffentlicht hat – in seinem Gedanken- oder Gefühlsinhalt möglichst vielen anderen Menschen zugänglich gemacht werden. Im Gegensatz zum Sacheigentum ist das Urheberrecht also letztlich nicht dazu bestimmt, andere von der Benutzung des Werkes auszuschließen. Es soll vielmehr in erster Linie dem Urheber die rechtliche Grundlage dafür geben, Art und Umfang der Benutzung seines Werkes zu überwachen und aus dessen Verwertung Einnahmen zu erzielen.

    ACTA hingegen setzt ganz klar, radikal auf Abschottung:
    – DRM
    – Three-Strikes-Regelumg
    – Überwachung des Internets aus Haftungspflicht für Provider
    – Durchsuchung am Zoll nach Datenträgern (USB-Stick, Handy, Laptop, etc. ) mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt, die konfiziert werden, falls der Verbraucher an Ort und Stelle nicht nachweisen kann, dass die urheberrechtlich geschützten Daten rechtmäßig auf seinen Datenträgern sind
    – Einführung drakonischer Strafmaße wie etwa bis zu 6-stelliger Geldstrafen für Urheberrechtsvergehen

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