Der anarchistische Schriftsteller Peter-Paul Zahl ist tot. Er starb im Alter von 66 Jahren an einem Krebsleiden in Jamaika. Mit ihm geht einer der großen anarchistischen Autoren der letzten Jahrzehnte. Zahl war Mitherausgeber des anarcho-libertären Blattes „Agit 883“ und schrieb für die anarchistische Satirezeitschrift „Der Metzger“. Sein wohl bekanntestes Werk als Schriftsteller ist „Die Glücklichen“.
Der undogmatische Zahl tat sich schwer mit dem Marxismus-Leninismus und hatte Sympathien für das Konzept der Stadtguerilla und war selbst Mitglied des deutschen Arms der Gruppe „Up Against The Wall, Motherfuckers“. Letztere war bekannt für Aktionen wie diese:
Beim „Mill-In“ im New Yorker Kaufhaus Macy’s während der Vorweihnachtszeit 1968 kamen mehrere Motherfuckers als „Kunden“ und „Angestellte“ in das Warenhaus, verschmutzten, zerbrachen, stahlen und verschenkten Waren, Hunde und Katzen wurden in der Lebensmittelabteilung freigelassen. Lockvögel mit Fahnen und Transparenten stellten sich inmitten von Gruppen aufrechter Kunden, die im Chaos von Polizisten und Abteilungsleitern verprügelt und angerempelt wurden. (Wikipedia)
Die Berliner Mothersfuckers hingegen spezialisierten sich darauf, mit gefälschten Pässen amerikanischen GIs beim Untertauchen und Auswandern zu helfen. 1972 geriet Zahl in eine Polizeikontrolle. Beim Fluchtversuch kam es zu einem Schusswechsel, bei dem ein Polizist schwer verletzt wurde. Zahl wurde für die gleiche Tat erst zu vier, und in einem späteren skandalösen Urteil zu 15 Jahren Haft verurteilt. Bei einer Rede vor Gericht prägte er die Worte: „Das System macht keine Fehler. Es ist der Fehler.“
Nachdem er vorzeitig aus Haft entlassen wurde, verlegte er sich aufs Schreiben. Er schrieb zum Beispiel ein Theaterstück über den Hitler-Attentäter Georg Elser, das von Claus Peymann aufgeführt wurde. Zahl wohnte wechselnd auf den Seychellen, in Nicaragua und in Italien. 1985 zog er nach Jamaika, wo er ein Gästehaus eröffnete. Seine Briefe unterschrieb Zahl immer mit „Freiheit und Glück“. Ein grundsympathisches Motto eines lebensfrohen, selbstironischen und antiautoritären Menschen.
Schade. Und der einzige auch Anhieb auffindbare Nachruf ist ausgerechnet auf faz.net.
@Nachruf: Man sollte nicht die FAZ und das Feuilleton der FAZ verwechseln. Der Nachruf im Feuilleton ist knapp, aber gelungen, finde ich.
Es gibt noch einige Nachrufe: u.a taz, Tagesspiegel oder im Deutschlandfunk ein sehr schönes Interview mit seiner früheren Lektorin
r.i.p.