Der Themenkomplex Social Media und Polizei wird derzeit umfassend aufbereitet. Über die Nutzung von Twitter durch die Polizei hatten wir im Rahmen der Blockupy-Proteste berichtet. Netzpolitik berichtete über den Gebrauch des Kommunikationsmittels durch die Berliner Polizei. Die „Zeit“ hatte dann nochmal nachgelegt und die rechtlichen Grundlagen bewerten lassen, und kam zum Schluss, dass Grundrechte verletzt würden.
In einer kleinen Anfrage hat nun die Linksfraktion nach den Twitter-Aktivitäten des Innenministeriums (BMI) und der Bundespolizei gefragt. Bislang nutzt die Bundespolizei in Bayern und Baden-Württemberg Twitter.
In der kleinen Anfrage (PDF) antwortet das Innenministerium, dass es keine übergeordnete Strategie für soziale Medien gäbe. Polizeiliche Nutzungs- und Einsatzmöglichkeiten von Twitter sieht das BMI Nachwuchsgewinnung, Öffentlichkeitsarbeit, Prävention und Öffentlichkeitsfahndungen sowie Krisenkommunikation.
Vor Inbetriebnahme der Accounts ließt sich die Bundespolizei zwei Tage für ihre Twitteraccounts von der Agentur „Rotter:Media“ extern schulen. 13 so genannte „Accountmanager“ dürfen die Twitteraccounts bedienen, Twittern zur Begleitung des Einsatzes muss vom Bundespolizeipräsidium genehmigt werden. Bei größeren Einsätzen und besonderen Lagen, müssen die Twitterteams wahlweise Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder übergeordnete Stellen mit einbinden.
Interessant sind die Antworten, wie die Follower angesprochen werden sollen. Hintergrund ist, dass Polizeien immer wieder die „Du“-Form auf Twitter nutzen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist das Duzen von Polizisten nicht erlaubt. Ein „Du“ vermengt mit einer Beleidigung erhöht regelmäßig die Strafen für Beamtenbeleidigung drastisch gegenüber einer Beleidigung in der „Sie“-Form.
Da verwundert schon die Antwort des Innenministeriums:
Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass im Rahmen polizeilicher Öffentlichkeitsarbeit — so auch via Twitter — eine zielgruppengerechte, höfliche und bürgernahe Sprache verwendet werden sollte. Insbesondere bei der Nutzung internetvermittelter Kommunikationsdienste bedienen sich die Nutzer allerdings je nach Anlass und üblicherweise auch einer eher informellen
Sprachform. Dies ist bei den Nutzern allgemein anerkannt. Deshalb ist es im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit auf dem Medium Twitter nicht erforderlich, stets zwingend die Höflichkeitsform als Anrede zu wählen.
Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Linke) sieht das anders: „Auch wenn sich InternetnutzerInnen untereinander ihrer eigenen Sprache oder Codes bedienen, darf das nicht für Behörden gelten. Ich glaube nicht, dass sich DemonstrationsteilnehmerInnen von der Polizei in „szeneüblicher Sprache“ ansprechen oder sogar duzen lassen möchten.“
Die kleine Anfrage fragt auch nach der Nutzung von Hashtags. Während des letzten G7-Gipfels hatte die Polizei getwittert, dass sie verbotene Waffen beschlagnahmt hätte. Der Tweet wurde mit den Hashtags #G7 und #G7Summit versehen.
Erfolgreiche Grenzkontrollen an der A 93 – diese verbotenen Waffen haben wir heute beschlagnahmt #G7 #G7Summit pic.twitter.com/gN25yCPaF4
— Bundespolizei BY (@bpol_by) May 30, 2015
Das Problem an diesem Tweet ist eindeutig: es kann der Eindruck entstehen, dass die Waffen auf Protestaktionen eingesetzt werden hätten sollen. Das wäre eine mögliche Abschreckung von Demonstranten.
Das sieht auch Hunko so: „Sofern Personen daraufhin entschieden haben, Protestversammlungen fernzubleiben, wäre deren Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden.“
Das Innenministerium äußert sich zu der Frage nicht weiter und begründet den Tweet damit, dass die Waffen eben während G7-Grenzkontrollen gefunden wurden. So kann jeder Zufallsfund bei Kontrollen einen Protest diskreditieren und zu Grundrechtsverletzungen führen.
„Eure hochwürdigste bürgerliche Souveränität“ wäre eine durchaus angemessene Anrede,oder ;-)
oder
„Hallo,Kohlenstoffeinheit!“