filmkritik

Italian for Beginners – Eine Erfrischung im Wettbewerb

Italian for Beginners, eine willkommene Abwechslung in der diesjährigen Berlinale. Die Regisseurin Lone Scherfig, ist die erste Frau, die einen Dogma Film gedreht hat. Auffallende Unterschiede beispielsweise zu "Das Fest" von Winterberg sind nicht festzustellen. Im Gegenteil. Es scheint, als hätte sich die Debütantin mit den Regeln des Dogma sehr gut zurecht gefunden. Durch die Dogma-Regie-Form erreicht der Film ein hohes Maß an Realismus. Die Handlung und die Unsicherheiten der Charaktere zwingen den Zuschauer regelrecht zum Miterleben der Handlung. Lone Scherfig hat den Schauspielern einen großen Freiraum zur Entwicklung ihrer eigenen Rollen gelassen. Das erklärt die bis ins feinste Detail herausgearbeiteten Charaktere und der perfekte Zuschnitt auf die Schauspieler.

Die Story ist voller Witz, Charme und unterschwelligem Humor. Inhaltlich handelt es sich hier um eine tragikomische Beziehungskomödie. Lone Scherfig sagt, "Italian for Beginners" sei ein sehr skandinavischer Film, weil die Figuren alle sehr schüchtern sind. Darüber, ob Schüchternheit ein allgemeines Merkmal der Skandinavier ist, kann man sich streiten. Fest steht, dass die Schüchternheit der Protagonisten der Auslöser für eine emotionale Achterbahn ist, in die der Zuschauer geschickt wird. Die Italienerin Giulia (Sara Indrio Jensen) verliebt sich in den gutmütigen Hotel-Assistenten Jorgen Mortensen (Peter Gantzler), der zwar dass Gefühl erwidern will, aber nicht weiß wie. Der temperamentvolle Hal Finn ist von der Frisöse Karen (Ann Eleonora Jörgensen) angetan. Immer wenn er ihren Friseursalon betritt um sich eine neue Frisur verpassen zu lassen, kommt etwas dazwischen, und der Schnitt muss verschoben werden. Karen kümmert sich reizend um ihre kranke Mutter, bis sie durch einen Schuss Morphium erlöst wird. Der Tod hat auch positive Auswirkungen. Die ungeschickte Bäckereiverkäuferin Karen erfährt bei der Beerdigung ihrer Mutter erstmals von der Existenz ihrer eigenen Schwester Olympia (Anette Stöverbäk). Der Pfarrer (in Vertretung) Andreas versucht alle Unebenheiten in seinem Umfeld zu glätten und ist in seiner Güte wohl nicht zu übertreffen.

Gemeinsamer Treffpunkt ist der wöchentliche Italienischkurs. Dort treffen die einzelnen Schicksale aufeinander und trotz der Unterschiedlichkeiten der Charaktere entstehen gegenseitige Sympathien und Zuneigung. Der Kurs droht durch die Stadtverwaltung gestrichen zu werden. Die Mindestzahl an Schülern pro Kurs wird knapp unterschritten. Als die fahrige Olympia im Unterricht "Piazza" mit "Pizza" verwechselt, spreizt und bäumt sich der Lehrer auf. Dann ist er tot. Im weiteren Verlauf des Filmes folgen noch zwei weitere Todesfälle, aber die Tragik wird durch Komik überschattet. Während Olympia auf die Zeremonie wartet, treten einige trauernde Gäste in die Kirche ein. Olympia kann sich nicht erklären, woher sie ihren Vater kennen könnten. Kein Wunder! Anhand der Farbe des Sarges und der Musik erkennen die Gäste, dass sie auf der richtigen Beerdigung gelandet sind. Sie haben sich mit der Uhrzeit vertan. Der Film ist voller kleiner Unwägbarkeiten und so vielseitig wie das Leben selbst. Der Film gipfelt am Ende in einer ausgelassenen Reise des gesamten Italienischkurses nach Venedig. Eine Belohnung für die Schwierigkeiten des Alltags. Besonders für den Zuschauer.

Christian Wüstner

Unsere Wertung:

Italiensk for begyndere
(Italienisch für Anfänger)
Dänemark, 2000, 118 min
Regie: Lone Scherfig
mit Anders W. Berthelsen, Anette Stovelaek, Peter Gantzler
Sektion: Wettbewerb


Foto: Berlinale

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