Wiederaufführung:
Garten der Lüste.BSE
C horeographisches Tanztheater von Johann Kresnik an der Volksbühne
am Rosa-Luxemburg Platz.
Die Bühne sieht aus wie eine Mischung aus Schlachthaus
und Kuhstall. Ganz klar, Kresnik ließ es sich nicht
entgehen, Bezug auf unser aller Lieblingsthema, nämlich
BSE, zu nehmen. Menschen als verrückte Rinder, das Stadium
befindet sich schon in fortgeschrittener Phase, schlimmer
geht es kaum. Dazu reichlich nacktes Fleisch und fertig ist
ein wahrhaft trashiger Theaterabend, der aufs Vorzüglichste
gleichermaßen unterhält und schockt.
Den Rahmen bildet Huxleys düster-futuristischer Roman
"Schöne neue Welt", aber auch wirklich nur
den Rahmen! Die Grundidee der uniformisierten, in Kasten unterteilten
Gesellschaft, die zum Großteil aus der Retorte stammt,
nimmt er auf und erweitert sie radikal. Aus der scheinbaren
sexuellen Freiheit in Huxleys Roman macht Kresnik eine Orgie,
in der fast jede Bewegung nur das eine vermittelt: Lust auf
Sex, Körperspiele und Selbstbefriedigung. Die Provokation
geht voll auf. Nackte Körper, literweise Körperflüssigkeiten
und eindeutig zweideutige Bewegungen stellen die Welt auf
der Bühne auf den Kopf. Überdeutlich und mit teilweise
aufdringlicher Symbolik werden dem Zuschauer apokalyptische
Einblicke in eine mögliche Welt von Morgen gewährt.
Kinder werden nicht mehr geboren, sondern (wir verstehen)
aus der Plastiktüte entnommen. Fortpflanzung als Zeitvertreib
in einer Gesellschaft, die sterilisiert dem kollektiven Wahnsinn
verfällt. Auch hier herrscht Eindeutigkeit, Personen
in einer Art Ganzkörperkondom, mal allein, mal zu zweit,
vermitteln das Bild "geschützter" zwischenmenschlicher
Beziehungen.
Dahingehend ist die Inszenierung stimmig, doch dabei soll
es nicht bleiben. Wie in einer Molkerei (natürlich) wird
dem Mann das Sperma entnommen und ein Kaktus, eindeutiges
Phallussymbol, muss für einen Akt der Selbstbefriedigung
herhalten. Das Ganze gerät etwas aus den Fugen, als dann
auch noch ein lebendiges Schaf auf die Bühne geschleppt
wird, dem mit einem soliden Schnitt durch die Gurgel der Gar
ausgemacht wird - man beginnt zu zweifeln an Sinn und Zweck
des Dargebotenen. Das Stück besticht aber dennoch durch
Choreographie und eine wirklich spannende und treibende Musik.
Das Stück fesselt, auch wenn es einen abstößt,
die Grenzen werden zum Teil überschritten, doch die Provokation
ist verstanden. Nein, so wollen wir nun wirklich nicht enden,
schaudernd und nachdenklich entlässt einen die Inszenierung.
Ein Theatererlebnis der besonderen Art, einmalig und zweifelhaft.
Fabienne Fontaine
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Garten
der Lüste.BSE
weitere Aufführungen am 05.04. und 23.05, 19.30 Uhr
Theaterkasse: 2476772
Rosa-Luxemburg-Platz 2, Mitte
www.volksbuehne-berlin.de
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