Absurdes aus dem Alltag

Wer sich des öfteren in den Kneipen und Bars im Prenzlauer Berg in Berlin herumtreibt, wird sie wahrscheinlich kennen, die sogenannten Surfpoeten. Vor vier Jahren fingen sie im "Bergwerk" in Berlins Mitte an, ihre aus dem Leben gegriffenen Kurzgeschichten einem zunächst sehr kleinen Publikum vorzutragen. Die Abende endeten meist in einem riesigen Besäufnis, wie Ahne, einer der Surfpoeten, zugibt. Als sich die Qualität der Surfpoeten herumsprach und mehr und mehr Leute zu den Lesungen kamen, zogen die Anarcho-Poeten in den Pavillon am Weinbergsweg um, wo sie heute jeden Mittwoch eine wachsende Schar von Fans mit ihren abstrusen und nicht selten politisch unkorrekten Geschichte erfreuen.

Oben genannter Ahne hat nun das Wagnis begangen, das lockere Konzept der Kneipen-Poesie in geschriebenes Wort zu verwandeln. "Wie ich einmal die Welt rettete" heißt sein Debüt, erschienen ist es als KiWi-Taschenbuch. Und was live funktioniert, besteht auch als Buch. Wie Ahne denn nun einmal die Welt rettete, erfährt der Leser zwar auch, aber darum geht es eigentlich nciht. Die zum großen Teil zumindest halbbiographischen Texte machen einfach Spaß.
In lapidarer Sprache erzählt der Surfpoet vorwiegend und gerne aus dem Alltag im Prenzlauer Berg und vom ewigen Kampf gegen das System. Die Geschichten, die Ahne erzählt, machen dabei nicht immer Sinn, manchmal sind sie gar nur wenige Zeilen lang, wenn der Autor etwa der tänzelnden Bewegung einer Kopfhautschuppe auf dem Weg gen Boden nachschaut. Macht nichts, auf Sinn und Länge kommt es hier nicht an. Die seltsamen Einfälle Ahnes erfreuen und verwirren gleichermaßen. So möchte man der Aussage Ahnes, nach der er selber gar nicht zum Lesen kommt, einfach nicht glauben. Viel zu oft erinnert seine Welt an die des französischen Meisters des Absurden Boris Vian. Wenn sie dies nicht tut, besteht sie aus gewitzten Alltagbeobachtungen, die gekonnt auf die Spitze getrieben werden. Wie schrieb die FAZ über Ahne: "Dass auch Dilettantismus eine hohe Kunst ist, kann man bei Ahne lernen." Stimmt.

Garniert wird das Ganze noch ab und an mit kleinen Zeichnungen, die so sinnvolle Untertitel tragen wie "Zwei fröhlich tanzende Flaschen sind immer noch besser als Hundequälerei in Kambodscha" oder von den Ängsten der "Sonne mit dem Hitlerbärtchen" erzählen. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

Daniel Kreuscher, 20.04.2001


Ahne

Wie ich einmal die Welt rettete
Kiepenheuer & Witsch 2001,
160 Seiten, 15,50 DM

Der Autor:
Ahne, am 5. Februar 1968 in Berlin-Buch geboren, hat nach der Schule einen Beruf (Drucker) und Schiežen gelernt. Dann kam die Wende und er wurde arbeitslos. Hat rumgehangen, aber auch ein Haus instandbesetzt. Dann hat er so richtig mit dem Schreiben begonnen und ist Vater geworden. Seit 6 Jahren bringt er bei der Reformbühne "Heim & Welt", seit 4 Jahren bei den "Surfpoeten" seine Geschichten zum Vortrag.

Vorlestermine in Berlin:
Dienstags 21.00 Uhr im Zosch:
LSD (Liebe statt Drogen)
Mittwochs 21.00 Uhr im Pavillon am Weinbergsweg: Die Surfpoeten
Donnerstags 21.00 Uhr im Cube Club:
Chaussee der Enthusiasten
Sonntags 13.00 Uhr in der Kalkscheune: Dr. Seltsams Frühschoppen
Sonntags 20.15 im Kaffee Burger: Reformbühne Heim & Welt

Die Surfpoeten im Netz:
www.surfpoeten.de