Wie
man endlich glücklich wird...
Der
Schweizer Linus Reichlin schreibt Kolumnen unter dem
Titel Moskito in der "Weltwoche". Eine Sammlung
der besten dieser Kolumnen ist nun im Eichborn Verlag
erschienen: "Wie man endlich glücklich wird".
Es handelt sich hierbei also nicht - wie der Titel vermuten
lassen könnte - um einen Psycho-Ratgeber für
Unglückliche. Vielmehr versucht Reichlin auf 132
Seiten die Tragik unseres Lebens in all ihrer Kompliziertheit
zu erfassen und "ihr mit Witzigkeit, Originalität
und Schrägheit zu begegnen" (vergl. Klappentext).
Situationen, wie sie der Autor offenbar als alltäglich
einschätzt, werden aus der Ich-Perspektive geschildert
und fragwürdige Lösungswege als sogenannte
"Lebenshilfen" gleich mitgeliefert:
Unangenehmen Sitiationen entgeht man am besten dadurch,
dass man schlechter hört. Die Frauen machen einem
dann "eindeutige Angebote", die Stewardess
fragt z.B. "Möchten sie kein Küssen?"
oder "stehen Sie sofort!", außerdem
rettet die selektive Taubheit vor Altachtundzechzigern,
weil man Gesprächen mit ihnen durch ständiges
Falschverstehen aus dem Weg gehen kann.
Der Leser erfährt, wie man richtig zu beten hat,
es werden Theorien über vergreiste Außerirdische
entwickelt, und auch Fauen kommen laut Reichlin möglicherweise
aus dem Weltall, deswegen kann man sie als Mann natürlich
niemals verstehen - schön, dass dieses nun wirklich
total ausgeleiherte Thema auch in diesem Buch nicht
fehlt!
Teilweise versucht Reichlin auch, durch parodiesierende
Übertreibung auf Mißstände in der Gesellschaft
hinzuweisen: Bei einem gebrochenen Fuß ist es
nicht mehr selbstverständlich, mit einem Krankenwagen
transportiert zu werden, stattdessen bringt einem der
Fahrradkurier Krücken oder man wird von Möbelpackern
abgeholt, um dann auf der Ladefläche des Lastwagens
von einer aus einem Kleiderschrank stürzenden Schwangeren
fast erschlagen zu werden. Am Ende wird der Fuß
dann amputiert...
Banale Situationen werden nicht lustiger, wenn man sie
bis ins kleinste beschreibt und sich dabei noch angestrengt
um ein witzige Sprache bemüht. So ist zum Beispiel
das Anrufen bei einer Kühlschrankfirma-Hotline
mit den damit verbundenen Schwierigkeiten einerseits
vielleicht etwas, was jeder schon einmal so oder so
ähnlich erlebt hat. Sicherlich nervt die Computerstimme,
die zum Drücken der jeweiligen Zahlen auffordert;
ja, Linus Reichlin hat recht: "Hotlines sind ziemlich
kafkaesk". Aber es ist einfach mäßig
lustig, mit sich ewig wiederholendem Aufschreiben des
Kühlschrankgeräusches ("Ckriickr"
oder "Tschtsch") Humor beweisen zu wollen.
"Ganz nett" trifft die Texte am besten, man
bekommt nicht gleich schlechte Laune, muss manchmal
vielleicht sogar schmunzeln, glücklich wird man
aber wahrhaftig nicht davon.
Highlight sind ganz klar die Illustrationen von Rattelschneck
- gewohnt brillant bringt er die Pointen der Geschichten
in einem einzigen Bild auf den Punkt - lustiger wäre
es sicherlich, sich einfach nur die Bilder anzuschauen
und sich den dazugehörigen Text von Reichlin zu
ersparen...
Swantje Zorn, 02.07.2001
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Linus Reichlin: Wie man endlich glücklich wird
Lebenshilfen von Linus Reichlin
Illustriert von Rattelschneck
Eichborn Verlag
132 Seiten, gebunden
DM 24,80 |
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