Die
Einsamkeit des Langstreckenschwimmers
Beim
Schwimmen ist der Kopf leer für eine Unzahl von
Gedanken, gewollte wie ungewollte. Davon weiß
Jonas, der Protagonist von Markus Seidels Vom
Stand der Dinge, ein Lied zu singen. Der ist trainierter
Schwimmer und fürchtet nichts mehr, als die kreisenden
Gedanken, die ihn verfolgen, kaum dass er ins Wasser
gesprungen ist.
Bei einem Rekordversuch im Langstreckenschwimmen kommt
es besonders schlimm: Während er Stunde um Stunde
seine Bahnen zieht, machte er sich Schritt für
Schritt seine eigene, aktuelle Situation klar: Er denkt
über seine Familie nach, über seine WG, seine
Freunde und Zukunft. So informiert er auch den Leser
Stück für Stück über den Stand der
Dinge.
Dass er vor einem Jahr seine gesamte Familie durch einen
Unfall verloren hat, wie sich später herausstellt,
hat er nicht wirklich verarbeitet; gerade beim Schwimmen
kommt diese Problematik immer wieder aufs neue ungewollt
in sein Blickfeld. Das ist schließlich der Grund,
warum er das Schwimmbad vorzeitig verläßt
um sich auf einen Streifzug durch die Stadt zu machen,
bei dem sich manches klären soll.
Sicherlich ist der Roman gut zu lesen; die zentrale
Problematik, die darin dargestellt wird, bietet allerdings
wenig Überraschungen, ist nicht eben besonders
einfallsreich und mit wenig Tiefgang behaftet. Fast
schade, dass Jonas in der Mitte des Buches aus dem Wasser
steigt schließlich ist dieser Rahmen ganz
bestimmt das einfallsreichste Element des Romans.
Sebastian Hertweck, 02.07.2001