Absinth – Rückkehr der grünen Fee

Um 1900 feierte Absinth seinen gesellschaftlichen Höhepunkt, bevor er verboten wurde. Nach vielen Jahren der Verbannung kehrt die Szenedroge nun in die Welt der Schönen und Reichen zurück. Das Gebräu besteht aus verschiedenen Kräutern, dem Neurotoxin Thujon und hochprozentigem Alkohol. Dieser Mischung wird seit jeher aphrodisierende und halluzinogene Wirkung nachgesagt.

Sanft reflektieren feine Wassertropfen gedämpftes Licht der Laternen wieder. Die Nacht ist mit einem Schleier aus Nebel bedeckt. Nur ab und zu sind die trabenden Hufe der Pferde im Berlin um 1900 zu hören, die vor Kutschen gespannt, die Nacht mit Lärm erfüllen. Hinter einer der verwinkelten Gassen erfüllt Musik die Nacht. Durch ein geschlossenes Fenster ist Licht zu sehen. Eine Gaststätte. Ich betrete das Lokal mit den beigegeblümten Gardinen vor dem Fenster. Rauchschwaden vernebeln die Sicht. Die Luft ist stickig, warm und von Lachen erfüllt. Frauen tanzen in langen Kleidern. Die Unterschenkel heben sie zum Takt der Musik. Die Röcke werden gerafft. An einem Tisch wird grünschimmerndes Getränk ausgeschenkt. Eisgekühlt. Die Gläser laufen vor Kälte an. Der Geruch von Anis, Wermut, Fenchel und hochprozentigem Alkohol, mischt sich in die Luft: Absinth. Die Menschen sind betrunken. Einige grölen. Die Stimmung ist gelöst.
1923 wird Absinth in Deutschland verboten - Arm und Reich hatte sich zu sehr berauscht. Van Gogh schnitt sich, der Legende nach, im Absinthrausch sein Ohr ab und einige Menschen verfielen dem Wahnsinn. Angeblich.
„Früher wurde die Konzentration des Neurotoxins Thujon, das für die halluzinogene Wirkung verantwortlich ist, nicht kontrolliert. Also war sie auf Grund unterschiedlicher Werte unberechenbar“, erzählt Dagmar Lohmann, Absinthgroßhändlerin. Wir sitzen in ihrem Berliner Büro. Überall stehen Absinthflaschen mit rotem und grünem Inhalt. Sie verkauft das Kultgetränk von einst heute deutschlandweit per Emailbestellung oder klassischer Lieferung. Der beste Absinth kommt angeblich aus Spanien und Portugal. Die Berlinerin entdeckte die grüne Fee „eher zufällig während eines Familienurlaubes in der Schweiz“ und führte das in Vergessenheit geratene Gebräu wieder in Deutschland ein. Im vergangenen Jahr erhielt sie für den Vertrieb den Innovationspreis. „In Berlin ist die Nachfrage nach Absinth recht groß“, berichtet Dagmar Lohmann. Nur im übrigen Deutschland sei das Getränk nicht sehr weit verbreitet.
Schon in der Antike wurde Wermut als Magentherapeutikum verwendet und Ende des 18. Jahrhunderts als Anregungsmittel benutzt, das Menschen berauschte. Durch Louis Pernod industriell erstellt, erfreute sich das Getränk bald äußerster Beliebtheit – Absinth war „en vogue“!
Anlass zum Absinthverbot in fast allen europäischen Ländern bot der sogenannte Absinthmord eines Schweizers, der seine Familie 1905 erschoss – nach einigen Flaschen Absinth und Weinbrand. Der wirtschaftliche Grund des Verbots lag wohl eher darin, dass sich Absinth in fast allen Gesellschaftsschichten quer durch Europa etabliert hatte und die Weinhändler auf ihren Flaschen schlicht sitzen blieben. Im Gegensatz zu der historischen Menge, die teilweise um das Fünffache höher waren, sind heute nur noch zehn Milligramm Thujon pro Liter erlaubt.

Die Berliner sind schon seit längerem wieder auf den Geschmack der Grünen Fee gekommen und trinken Absinth in speziellen Cocktailbars, in Clubs oder einfach – nach alter Tradition – mit Freunden zu Hause. Wer sich bei einer Absinthprobe Hintergrundinformationen zum Kultgetränk und seiner Wirkung holen will, ist in der Weinmeisterstraße vier goldrichtig. Dort hat das Absinth Depot Berlin-Mitte täglich ab 19 Uhr geöffnet. Hier gönnt man sich das mystische Bitter ganz traditionell: in gediegener Runde und mit viel Muse. Frank Petzke ist Humanbiologe und Mitbetreiber des Depot. Er beschäftigt sich mit dem edlen Kräutertropfen und erzählt während des Probetrinkens nette Anekdoten.
„Absinth ist elitär. Das Getränk wird vor allem von Künstleinnen, Künstlern und LebenskünstlerInnen geschätzt." Je mehr Wissen man über die Kräuter und deren Geschichte habe, desto farbenfroher würde der Konsum der Szenedroge.
Im Internet lässt sich Absinth bequem unter Absinth.com oder Absinth-Shop.de bestellen. Abschließend sei gesagt: Absinth am besten eiskalt oder in Verbindung mit einem heißen Getränk trinken, damit sich das Neurotoxin Thujon entfalten kann. Beim Mischen empfiehlt sich das Verhältnis eins zu eins - besser etwas weniger Absinth. Die Wirkung setzt nach einer guten Stunde ein. Viel Spaß und guten Flug!

Bianca Theurer
3. Dezember 2001

 



©Absinth-Shop.de

Serpis Absinth fällt aus dem grünen Rahmen der Absinthfamilie - die Elfe unter den Feen.


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Mit dem Absinthlöffel lässt sich Zucker über dem Getränk schmelzen - fürs perfekte Ritual.


©Absinth.com

Frohe Farben, leichte Beine und Lust auf Sex: Absinth macht Laune...