Koffeinsüchtige
vor und richtig guten Kaffee trinken
Goldener
Herbst in Berlin, die Blätter lichten sich: Höchste
Zeit, sich mal wieder in den schönsten Ecken der
Stadt rum zu treiben und gepflegt Kaffee trinken zu gehen.
Hier ein paar Tipps, die sich dafür eignen, die letzten
Sonnenstrahlen auf zu saugen oder kuschlig im Warmen zu
sitzen, wenn draußen der Regen strömt.
Gut und klassisch-wienerisch schlürft sich der braungefärbte
Muntermacher im Kaffeehaus "Sowohl als auch"
im Prenzlberg. In der Kollwitzstraße 88 kann
man bei schönem Wetter draußen unter Platanen
sitzen. Wenns kühler wird, darf man sich drinnen
stundenlang geküsst fühlen - unter Klimts Wandgemälde
"der Kuss". Die Kaffeeauswahl ist stilecht österreichisch
(Fiaker, Einspänner, Kleiner Brauner, usw.). Mein
Tipp: der aromatisierte Milchkaffe - sehr verlockend.
Bleibt noch an zu merken, dass im "Sowohl als auch"
von acht bis Mitternacht Frühstück serviert
wird - sowie jede Menge Torten.
Wegen extremen Platzmangels sitzt man im "Galão"
bei schönem Wetter draußen. Berlins erster
Portugiese - wer schon mal in Hamburg war, weiß
wovon ich rede -
hat sich im Weinbergsweg 8 in Mitte niedergelassen und
ist ein echtes Paradies für Schaumschläger.
Am Rande des "hippen" Bezirks tummelt sich ein
schön gemischtes Publikum auf den Stufen der Pastelaria.
Wenn man allerdings Pech hat, weiß man beim Blick
in die Menge einmal mehr, warum Mitte nervt... Der Milchkaffee
heißt auf portugiesisch Galão und ist hier
mit richtig viel Schaum - klasse. Ebenso wie die kleinen
Vanilleblätterteigtörtchen.
Der Preis für den besten Kuchen geht allerdings an
das "Barcomis"
in der Bergmannstraße 21. Die amerikanische Inhaberin
hat Rezepte aus den Staaten mitgebracht - das Buffet ist
wirklich einen ausgiebigen Test wert. Mein Tipp: Wer sich
nicht entscheiden kann, nimmt einfach den Probierteller.
Ansonsten ist die Filiale in Kreuzberg eher schlicht,
aber doch gemütlich. Nur wenns sehr voll ist,
wirds eng.
Wer sich bei ätzend ungemütlichem Herbstwetter
mal für ein paar Stunden von der Welt verziehen will,
sollte das "Café Bilderbuch" in
der Schöneberger Akazienstraße aufsuchen. Jede
Menge alter Plüschsofas, volle Bücherregale
und ein Flügel bieten die perfekte Umgebung für
eine Partie Schach oder ruhig-romantische Begegnungen
zu zweit.
Zu guter Letzt noch eine Empfehlung für Bohémiens
oder solche, die es werden wollen. Das "Café
Hegel" am Savignyplatz erfüllt alle Voraussetzungen
für endlose Gespräche oder ausgiebiges Selbstmitleid
bei tristem Wetter. Wem das mit Hegels These und Antithese
im Detail noch unklar ist, dem kann mit der hauseigenen
Minibibliothek geholfen werden. Auf alle Fälle kommen
Koffeinfreaks hier in Charlottenburg auf ihre Kosten.
Also, los und selbst testen, nach wie vielen Tassen Koffein
man nicht mehr still sitzen kann...
Merja Mahrt,
Herbst 2001