Die
billigsten Seiten der Welt - Aldi-Fans erobern das Internet
Das Phänomen lebt. Und vielleicht stellt es sogar
eine der tragenden Säulen unserer Gesellschaft dar
denn im Unterschied zu trivialen und austauschbaren
Werten wie Familie, Fußball oder Religion gibt es
hier noch einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Ja,
auf eines können sich wirklich alle Deutschen einigen:
Aldi.
Nur hier ist zusammen, was zusammengehört: Ossi, Wessi,
Punk, Schnauzbartproll und Hochadel, in der langen Schlange
vor der Kasse werden sie wirklich alle gleich. Doch niemand
braucht sich gleich zwischen Milsani-Milch und Pottkieker-Eintöpfe
zu schwingen, um seinem geliebten Discounter nahe zu sein:
Das Internet hält eine Fülle von Fan-Seiten bereit
selten nützlich, manchmal lustig, aber immer
absurd.
Ganz weit vorne: die
rechtsrum-linksrum Seite. Hier lässt sich eine
Antwort auf die wohl wichtigste Frage aller Zeiten finden:
Ist der nächstgelegene Aldi linksdrehender oder rechtsdrehender
Natur? Das hat im übrigen nichts mit Joghurtkulturen
zu tun und wer überhaupt nicht versteht, was diese
Frage für sein Leben bedeutet, sollte es einfach mal
ausprobieren eine umfangreiche Datenbank antwortet
zuverlässig. Mehr passiert dort allerdings nicht.
Ähnlich spartanisch, aber umso nützlicher kommt
der große Karlsquell-Promilletest
daher: Nach dem Genuss des landesweit beliebten Premium-Pilseners
empfiehlt es sich, der Seite kurz einen Besuch abzustatten.
Schnell einige persönliche Daten eingegeben
Größe, Gewicht, Anzahl der getrunkenen Biere
sowie Geschlecht (frei wählbar: "männlich",
"weiblich" und "ohne") und schon
gelingt es dem bemerkenswerten Programm, die genaue Promillezahl
des Probanden auf mehrere Nachkommastellen genau zu berechnen.
Da freut sich der Autofahrer.
Doch auch der Romantiker kommt auf seine Kosten: Das Aldi-Photoarchiv
hält, was der Name verspricht. Wer hätte gedacht,
dass es sich beim "Aldi Boltenhagen" um ein freistehendes,
voluminöses Gebäude handelt, wogegen der "Aldi
Holzwickede" in einem hässlichen Reihenhaus existieren
muss? Diese und ähnliche Erkenntnisse werden dem Betrachter
in schonungslosen Bildern mitgeteilt, nebenbei gibt es auch
noch Credits an die deutsche Exportwirtschaft: "Aldi
Cincinnati" und "Aldi Kansas City" sind unser
guter Stern in allen Einkaufszentren.
Nicht vergessen werden sollte jedoch der paritätische
Hintergedanke von Aldi die Läden sind nun mal
so billig, dass es selbst Randgruppen wie Studenten oder
Rentnern möglich ist, sich zu ernähren. Da sollte
es nicht verwundern, dass eine der umfangreichsten Aldi-Fanpages
ausgerechnet von einem evangelischen Pfarrer ins Leben gerufen
wurde. Die Seite
von Alexander B. bietet alles, was verirrte Seelen
zum Überleben brauchen: Unter anderem Rezepte, die
ausschließlich auf Aldi-Produkten basieren, eine Übersicht
von Markenartiklern, die sich hinter auserlesenen Waren
verbergen (so z.B. "Bahlsen" hinter "IBU-Chips")
und eine Presseschau. Mit Meldungen wie der folgenden:
"Beim Sonderverkauf von preiswerten Computern bei zwei
Filialen der Aldi-Supermarktkette in Rielasingen-Worblingen
und in Konstanz (Baden-Württemberg) hat es am Donnerstag
tumultartige Szenen mit Polizeieinsätzen gegeben. Dabei
zwang in Rielasingen ein Kunde einen anderen, der noch einen
der begehrten PC ergattert hatte, mit vorgehaltener Schreckschuss-Pistole,
ihm den Computer zu überlassen. Dann stellte er sich
mit dem Gerät an die Kasse, wo er aber kurz darauf
von einem grossen Polizeiaufgebot überwältigt
wurde."
Sebastian Stoll
07.08.01
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