Clubsterben
2 und gute Nachrichten
Nach der Wende war es spannend. Illegale Parties, dunkle Gestalten
mit Gasmasken schlichen nachts durch die Straßen auf
der Suche nach einem Bunker oder Ähnlichem. Auch als
großer Berlin-Fan muss man zugeben: Es hat sich einiges
geändert. Auf den ersten Blick sieht es schlecht aus
mit Berlins wichtigstem Aushängeschild. Weiterhin werden
mehr Clubs in der Hauptstadt geschlossen als eröffnet.
"Leben ohne Maria" titelte die Berliner Zeitung
kürzlich im Feuilleton und machte unter Anderem auf die
Schließung des Maria am Ostbahnhof aufmerksam. (Wer
es bis dahin noch nicht gemerkt hatte...) Dabei war in der
Februar Ausgabe des Britischen Magazins I-D die Berliner Mentalität
noch beschrieben als "vollkommen offen für alle
Formen der Kreativität". Ohne Zweifel ein ziemlich
positives Image, aber stimmt es denn auch? Dagegen spricht
jedenfalls, dass der Pfefferberg bis Mitte 2002 für Renovierungen
geschlossen bleibt und eine große Lücke in der
Reggae/Weltmusik/Elektronik-Szene hinterlässt. Und ob
diese sich dort nach umfangreichen Renovierungen wieder sammelt,
ist fraglich.
Die Berliner Zeitung bemüht sich jedoch auch, ein wenig
Optimismus und Hoffnung zu verbreiten: "Jetzt ist die
perfekte Zeit für einen neuen Club", heißt
es dort. Dieser könnte dann beispielsweise Polar-tv heißen.
Das neue Projekt der "No Ufos", die mit "Sternradio"
am Alexanderplatz bereits ihre Innovationskräfte testeten,
soll Mitte März eingeweiht werden. Die Standortwahl in
der Heidestraße in der Nähe vom Lehrter Bahnhof
zeugt von viel Mut und Risikobereitschaft der Party-Macher.
Das sich dort befindende Gründerzeit-Lagerhaus wollen
No Ufos mit elektronischer Musik füllen.
Und noch eine weitere Club-Eröffnung kündigt sich
an. Die Verhandlungen mit dem Senat laufen zwar noch, aber
das Projekt hört sich wirklich vielversprechend an. Zwischen
Bundeskanzleramt und Schweizer Botschaft, nur wenige Meter
unter der Erde, soll Platz für rund 1000 party-geile
Berliner und Zugereiste eingerichtet werden. Mit wechselnden,
geladenen DJs möchte Jens Meier-Ewert, ehemaliger Leiter
vom L.O.F.TClub in Frankfurt, die GLS-Szene (Gays, Lesbians
and Sympathisants) am Samstag einladen. Gibt der Senat erst
einmal grünes Licht, wird der Raum bestimmt auch noch
andere Veranstaltungen unterbringen können. Hier bietet
sich eine hervorragende Gelegenheit für den neuen Wirtschaftssenator,
seine Kompetenz zu beweisen. Damit würde Herr Gysi gleich
mehrere Wählergruppen gleichzeitig befriedigen. Berlin
ist als Party-Metropole bekannt. Parties ziehen junge Leute
an, junge Leute bringen Geld, Geld zieht Unternehmen an, Gysi
und alle anderen können sich freuen. Es könnte eine
große Party werden mit Wowereit, Gysi, und wenn Gott
will, sorgt auch Frau Borer-Fielding (Gattin des Schweizer
Botschafters) für die Unterhaltung der bedröhnten
Party-Gäste.
Christian Wüstner, 04.03.2002
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