Junge
Modedesigner in Berlin -
von Eisdieler bis Stoffrausch
Wo sind sie nur, die jungen aufstrebenden Designerinnen und Designer, die
der Hauptstadt modischen Charme einhauchen? Wer jetzt
an Berlin-Mitte denkt, hat weit gefehlt: Die wahren Meisterschnitte
finden sich in Seitenstraßen des Prenzlauer Berg
oder in Charlottenburg. Dort assoziiert man Design wieder mit elitärem
Shopping.
Mitte ist erschlossen: Hier ein Szeneladen, dort extravagantes
70er Jahre Interieur, daneben die
angesagte Kellerbar und alles in
nur einer Straße. Hier scheint alles gleich gestellt, preislich wie optisch.
Individueller und vor allem von Designerinnen und Designern persönlich beraten,
lässt es sich dagegen in den Bezirken Prenzlberg
und Charlottenburg leben. Auf Prenzlbergs Flaniermeile,
der Kastanienallee, reihen sich die Showrooms der Berliner
Modelabel quasi aneinander.
Alle Shops sind klein, fast
familiär und liebevoll bestückt. Auf den Stangen,
reihen sich exklusive und skurrile Stoffe aneinander. Hier findet das modebewusste
Auge Einzelteile der aktuellen Kollektion.
"Coration", "Eisdieler", "Stoffrausch"
und "Thatchers", versorgen Modehungrige
mit ihrer Auswahl von Secondhand-Trash bis Businessklassik.
Besonders farbenfrohe Roben, finden sich im gemütlichen
Kellershop Polyester. Der Laden macht mit dem typischen 60er Jahre Bubble-Gum-Schriftzug am Eingang und fröhlichem Pink und Orange, gute Laune und Lust aufs Konsumieren.
Der dielenrot gestrichene Eingang befindet sich in der
Oderbergerstraße 13. Nur wer es wagt, aufregend
enge Stufen zu bezwingen, wird dafür im Innern mit
"Stoffrausch" belohnt. Seit 1996 designen Steffi und
Dominik den Rausch der Stoffe und Schnitte. "Besonderen
Wert legen wir darauf, nicht in Billigländern zu
produzieren". Hergestellt wird "in Berlin
zu fairen Löhnen", betont Dominik. Bevorzugte
Textilien von Stoffrausch sind Flies - bedruckt im
Prilblumenmuster - und Mikrofaserstoffe, die sich besonders zart anfühlen auf der Haut. Dominik betont, dass alle Modelle Unikate seien
oder zu einer limitierte Basiskollektion gehören.
Prenzlauer Berg
Auf der Kastanienallee, fällt das ovale Schild "Eisdieler"
auf. Fünf Designer - Martin Ruffert,
Olaf Grützner, Ove Jepson und Stefan Dietzelt
managen hier ebenso viele eigene Labels und natürlich
ihr "gemeinsames Baby, Eisdieler". Erhältlich
sind Extremsportswear, Wake- und Snowboard, Streetwear
und experimentelle Mode. Wer sich für außergewöhnlichen
Schmuck, sowie die legendären Gola-Sporttaschen interessiert,
sollte ebenfalls einen Blick ins Reich der Eisverkäufer
wagen. Zu finden sind die "Eisdieler"
in der Kastanieallee 12 .
Gleich daneben ist das "Coration". Was sich mit klassischem dunklem Schriftzug
auf hellgrauem Hintergrund bereits von außen ankündigt,
bestätigt sich bald hier wartet stilvolle
Männermode auf den geeigneten Käufer. Im Juni 2001 eröffnete Cora Schwind, den Showroom
für ihre Herren-Kollektion in der Kastanienallee
13. Zum Stöbern für den Liebsten, sei der Laden auch Frauen wärmstens empfohlen.
Womit ich beim Übergang ins "Thatchers",
Kastanienallee 79, wäre. Das inhaltliche Gegenstück
zum "Coration" bietet der Dame von Welt und
dem Girlie der Kastanienallee eine dezente Auswahl in exklusivem Design. Nach
eigenen Angaben bemühen sich die beiden Designer
Thomas Mrozek und Ralf Hensellek "den breitgetretenen
Trends in Deutschland immer voraus zu sein". Während des Gesprächs
sehe ich mich im Atelier um: Der Thatcher'sche Stil scheint
ein Mix aus Business-Look kombiniert mit frecher Eleganz.
Auf die Frage, woher sie ihre Ideen schöpfen erklärt
mir Ralf "die Kollektion entsteht aus dem Material.
Wir suchen ständig nach neuen Ideen und kreieren Looks".
Im Moment designen und produzieren die beiden bereits
die Kollektion Herbst/Winter 2002/03.
Shopping-Tipp
Am 30. November eröffnet "Coration
& B61" in der Kopernikusstraße 18a. Im
Friedrichshainer Shop wird Damenmode von Ana Alcazar, Sonja Kiefer
und Morgan verkauft, Modeliebhaber werden weiterhin durch die
Herrenkollektion von Cora Schwind bekleidet. Modemäßig
wirds trashiger zugehen, als im
"Coration" verrät die Geschäftsführerin
des Coration, Joyce Knobloch. Cora selbst beschreibt das Shoppingambiente der besonderen Art "es wird nur eine Sammelkabine, wie
es sie früher in Turnhallen gab, zum Umkleide
vorhanden sein." Frauen und Männer ziehen sich dort
gemeinsam um und würden nicht durch Sichtschutz oder
ähnlichem getrennt - "da kann man sich besser
kennen lernen".
Weiter
zum Interview mit Simone
Franze "Vive Maria".
Bianca Theurer
im November 2001