Gesegnet:
Designerin der "Vive Maria"-Kollektion
Interview
mit Simone Franze
Schicke Hemdchen, BHs, Stringtangas und Höschen. Dazwischen
hängt ein Rock aus fast durchsichtigem Stoff und alle
Textilien haben eins gemeinsam: Sie sind mit Heiligenbildern
bedruckt. Eine Maria hier, ein Jesus da ob pastell
oder kräftig, hier ist von allem etwas dabei. Das Atelier von Simone Franze
scheint gesegnet. Seit die junge Designerin vor knapp fünf
Jahren anfing, bunte Drucke auf selbstdesignte Wäsche
zu bringen, reißt die Nachfrage nach dem Gewissen
etwas für drunter und drüber nicht ab.
Dein Rat an alle Nachwuchsdesigner und Nachwuchsdesignerinnen?
Ich würde auf jeden Fall davon abraten, sich gleich
selbständig zu machen. Erst mal zwei bis drei Jahre
in einer großen Firma arbeiten, um die ganzen Sektionen
mitzubekommen. Wenn man sich dann selbstständig macht,
ist die Vorstellung von dem, was man will und braucht genauer.
Wie kamst du zum Design?
Ich habe im Lette Verein Design studiert. Drei Jahre
war ich davon in Berlin und dann noch ein Jahr in Paris. Anschließend
arbeitete ich drei Jahre als Angestellte in Berlin und wollte
endlich was eigenes machen. Die ersten Jobs waren als freie
Stylistin auf Fototerminen. Nur Styling wurde mir bald
zu langweilig und ich fing an, meine eigene Unterwäsche
zu designen und zu schneidern. Vive Maria war geboren. Meine
Freundin hat einen Laden in Berlin und dort hingen dann
die ersten 20 Teile meiner Kollektion zum Kauf und innerhalb weniger Tage waren sie vergriffen. Durch meinen Job als Stylistin kannte ich viele Models und
Fotografen, die mit mir das erste Shooting organisiert haben.
Die Bilder schickte ich an den Flyer Berlin und das Prinz
Magazin. Daraufhin wurde ich mit Anrufen und Bestellungen
überflutet. (...)
Wie kamst du auf Unterwäsche mit heiligem Druck?
Na ja, im Grunde hätte ich immer gern für junge
Menschen gearbeitet. Für Diesel zum Beispiel. Ich hatte
damals eben diesen Job mit Business-Klamotten und das war mir viel zu spießig. Unterwäsche
fand ich immer toll und praktisch: Kleine Teile, kleine
Schnitte. Vor knapp fünf Jahren ging der Trend in Richtung
Heiligenbilder. Kerzen mit Jesus drauf oder T-Shirts und
Kleider von Dolce Gabana. Ich dachte mir: super, den
Trend greif ich auf und individualisiere damit meine Unterwäsche.
Wäre Buddha-Kult gewesen, hätte ich wohl Buddhabilder
verwandt.
Wie hast du das alles finanziert?
Ich hatte die Wahl, mich selbständig zu machen, was
tierische Kredite bedeutet hätte, oder einen Sponsor
zu finden. Also schrieb ich einige Leute an. Natürlich
war erst mal keiner daran interessiert, etwas unter anderem
Namen zu machen. Vor allem nicht mit Heiligenbildern. Durch
Zufall lernte ich ein Mädchen kennen, die den Vertrieb
für Nastrovje Potsdam
macht. Sie fand die Kollektion ganz toll und wir schickten
Musterteile ein. Nach anfänglicher Skepsis, wurde ich
erst mal abgelehnt. Als wir zwei Monate später noch
mal Fotos einschickten, bekam sie der Graphiker von Nastrovje
Potsdam in die Hand, der völlig begeistert war und
letztlich die ganze Firma zum Vertrag mit mir überredete.
Dann ging alles ganz schnell. Nach meiner ersten Messe,
der Interjeans in Köln, gab es viele Aufträge.
Die Nachfrage ist seither stetig gewachsen.
Wie sieht deine Arbeit heute aus?
Ich entwerfe nur noch und entwickle das ganze Design, die
Schnitte und manchmal Erstmuster. Produziert wird die Ware
in der Türkei. Die Endkontrolle der Muster mache ich
dann wieder, damit die Modelle meinen Vorstellungen entsprechen.
Wer näht deine Kollektion?
Eine kleine Wäschefirma in Istanbul. Zweimal jährlich
fliege ich hin und sehe nach dem Rechten.
Heilige Wäsche pur?
(lacht) In jeder neuen Saison greife ich ein neues Trendthema
auf. Asien hatte ich schon und Hawaii ist das aktuelle Thema.
Es kommen also immer ganz neue Druckmotive und dazu natürlich
die Basiskollektion mit heiligen Bildern. Daran scheint,
sich keiner satt zu sehen.
Vielen Dank und alles Gute.
Das Gespräch führte Bianca Theurer 2001 in Charlottenburg.
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Simone
Franze in ihrem Charlottenburger Atelier:
"Wäre
Buddha-Kult gewesen, hätte ich wohl Buddhabilder verwandt."
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