Ideologie
statt Attitüde
Seitdem
durch diverse peer-to-peer-Programme (P2P) praktisch alle
Musik, die das Herz begehrt, kostenlos zum Download bereit
steht, gibt es zwei Sorten von Bands. Die eine Sorte,
wie die Balladen-Rocker von Metallica, nutzt jede Gelegenheit
um ihr bitteres Schicksal, verursacht durch den Diebstahl
ihrer Musik, zu beklagen. Zu der anderen Sorte gehört
Propagandhi. Die PunkRocker aus Winnipeg, Kanada sind
in einer Zeit, in der PunkRock-Kollegen bei "Top
of the Pops" auftreten, so etwas wie ein Relikt aus
alten Tagen. Tagen, in denen PunkRock noch nicht zur Attitüde
verkommen war. Anarchie, Freiheit und Widerstand gegen
das Establishment haben für Propagandhi noch Bedeutung.
Musiktauschbörsen wie Napster kommen ihnen da gerade
recht. Schon auf ihrem 1993er Album "How to Clean
Everything" weisen sie auf das Anti-Copyright hin,
das "..absolutely all shit to do with Propagandhi..."
betrifft. Zitat: "Duplicate, imitate, replicate,
eradicate, masturbate (...) at will, shitface." Töne
als immaterielles Gut entziehen sich für Propagandhi
einer konkreten Besitzerschaft. Musik für das Volk.
Propagandhi
ist dabei vielleicht eine der letzten politischen Bands,
die auch meint was sie sagt. Ihre Songs tragen szenetypische
Namen wie "Resisting Tyrannical Government",
"Bullshit Politicians" oder "Meat Is Still
Murder". Nichts besonderes für eine PunkRock-Band,
allerdings lassen Propagandhi ihren Worten auch Taten
Folgen. So gehen Teile der CD-Verkäufe an Organisationen
wie "People Acting for Animal Liberation" oder
"Food Not Bombs". Auf der Website ihres eigenen,
neu gegründeten Labels "G7 Welcoming Committee"
(sic!) erhält man linke Literatur und CDs von Lesungen,
Adressen diverser politischer, Menschen- und Tierrechtsorganisationen
und Links zu Foren linker Gegenkultur. Außerdem
kann sich der entsetzte Tierfreund mit versteckter Kamera
aufgezeichnete Videos US-amerikanischer Truthahn- und
Schweinefarmen ansehen, auf denen Tiere gequält und
alles andere als artgerecht gehalten werden.
Auch die Booklets der Propagandhi-CDs gleichen eher Flugblättern
und Propaganda-Schriften. Globalisierung, Kapitalismus,
Nationalismus, Religion und Faschismus sind die erklärten
Feindbilder. Dafür treten die Musiker auf ihrer Website,
die die "resistance culture" in die Welt tragen
soll, ein.
So
scheint der politische PunkRock in der Welt des 21. Jahrhunderts
angekommen zu sein. Das Internet als Plattform für
politische Botschaften und Information hat Propagandhi
jedenfalls entdeckt. Globalisierung und Dorfwerden dieses
Planeten haben so zumindest den Vorteil, dass Gleichgesinnte
in aller Welt erreicht werden können. Ob das zur
Neuordnung der Herrschaftsverhältnisse beitragen
kann, ist zu bezweifeln. Propagandhi tut jedenfalls etwas
dafür. Und neben dem Kampf für die große
Revolution setzt sich das Trio schließlich auch
gegen die Diskriminierung von Homosexuellen, gegen Sexismus
oder für die Erhaltung des Regenwaldes ein. Basisarbeit
der modernen PunkRocker.
Neben
all dem Idealismus und politischem Engagement macht Propagandhi
natürlich auch noch Musik, und zwar allerbesten PunkRock.
Am 5. Februar erscheint ihr neues Album "Today´s
Empires, Tomorrow´s Ashes".
Daniel
Kreuscher